Kurz vor dem Jahreswechsel veröffentlichte das Sozialministerium einen Bericht mit dem Titel "Covid-19: Analyse der sozialen Lage in Österreich". Darin findet sich auch eine Erhebung, die die Erfahrungen zahlreicher Vereine im vergangenen Jahr schildert. Diese wurde vom Kompetenzzentrum für Nonprofit-Organisationen und Social Entrepreneurship der WU Wien durchgeführt und trägt den Titel "Auswirkungen der COVID-19 Pandemie auf die soziale Infrastruktur in Österreich".

Im Podcast "Gemeinwohl Geplauder" stellt Co-Autorin Camilla Mittelberger ausführlich die Studienergebnisse dar. Ein Thema, das hierbei besonders ausführlich diskutiert wurde, ist die Frage, ob beziehungsweise wie viele Rücklagen eine Non-Profit-Organisation haben kann und überhaupt haben darf. Der Studie zufolge hatten die befragten Vereine im Sommer 2020 noch so viel Rücklagen, dass sie circa sechs Monate ohne Einnahmen überstehen würden. Obwohl dieser Zustand in Anbetracht der sozialen Verantwortung, die an vielen dieser Vereine hängt, durchaus als prekär zu bezeichnen ist, entspricht das einer deutlich höheren wirtschaftlichen Resilienz, als das bei einigen For-Profit-Unternehmen – wie etwa der medienwirksam rettungsbedürftigen AUA – der Fall war. Das Bilden von solchen Rücklagen ist bei Non-Profit-Organisationen in Nicht-Krisenzeiten allerdings nicht gerne gesehen. Immerhin sollten sie ja ein soziales Problem lösen, keinen Profit erwirtschaften. Ist es aber gerade im Kontext einer Gesundheitskrise immer noch verwerflich, dass Organisationen, die einem sozialen Zweck dienen sollten, "Geld anhäufen" oder ist es gar ein Zeichen von sozialem und wirtschaftlichem Verantwortungsbewusstsein?

NPO-Fonds

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Bezeichnung Non-Profit oft missverständlich ausgelegt wird. Non-Profit heißt nicht, dass eine solche Organisation nicht wirtschaftlich handelt. Non-Profit heißt auch nicht, dass eine Organisation am Ende eines Geschäftsjahres mit einer schwarzen Null oder gar roten Zahlen abschließen muss. Non-Profit bedeutet schlichtweg, dass keine Gewinne ausgeschüttet werden dürfen, etwa an Funktionärinnen und Funktionäre oder Mitglieder. Geld, das übrig bleibt, muss also auch weiterhin für die Mission und Kerntätigkeiten aufgewandt werden, oder für Investitionen, die diese in Zukunft ermöglicht. Doch immer wieder stoßen NPOs beim Ansuchen um öffentliche Fördergelder auf Schwierigkeiten, sobald ihre Rücklagen ins Gespräch kommen. Die eingangs erwähnte Studie empfiehlt daher explizit, dass Rücklagen von mindestens einem und höchstens zwei Jahresumsätzen Förderungen nicht schmälern sollten, sondern deren Aufbau in die Kalkulation von Leistungen einzurechnen ist.

Vor diesem Hintergrund sind wohl auch die wirtschaftlichen Unterstützungsmaßnahmen des Bundes für Non-Profit-Organisationen zu sehen. Denn das BMKOES hat mit der seit Oktober angekündigten zweiten Auflage des NPO-Fonds für das vierte Quartal 2020 bereits auf einige Vorschläge aus der Studie reagiert. Insgesamt wurden für NPOs in Österreich 700 Millionen Euro an Unterstützungsleistungen budgetiert. Das ist um ein vielfaches mehr als in anderen europäischen Ländern.

Die wirtschaftliche Realität von NPOs ist nun mit Hinblick auf den NPO-Fonds, dem wichtigsten Förderinstrument des Bundes für gemeinnützige Organisationen, besonders spannend. Die Ermittlung der Fördersumme besteht nämlich nicht aus dem Geltendmachen von spezifischen Covid-19-relevanten Ausgaben, sondern wird dadurch gedeckelt, dass die Einnahmen eines Vorjahreszeitraums dem Vergleichszeitraum aus 2020 gegenübergestellt werden. Die für den NPO-Unterstützungsfonds herangezogenen Einnahmeausfälle sind dem Bericht der WU Wien zufolge allerdings unpassend, da einige Vertretende des dritten Sektors kaum von Umsatzrückgängen betroffen waren, wohl aber ihr Leistungsangebot beibehalten oder in vielen Fällen sogar ausgebaut haben. Somit sind vielen sozialen Organisationen zwar erhöhte Kosten, aber keine Einnahmeausfälle entstanden. Der NPO-Fonds steuert hier mit einem sogenannten "Struktursicherungsbeitrag" in Höhe von sieben Prozent der Gesamteinnahmen von 2019 dagegen. Diese Pauschale sichert die Liquidität der Organisationen. Lobend zu erwähnen ist, dass dieser Beitrag laut Ankündigung in vollem Umfang bei einer Einreichung für das vierte Quartal 2020 erneut ausgezahlt wird und es sich damit de facto um eine Verdoppelung handelt. Die Hinweise der wissenschaftlichen Erhebung wurden also zur Kenntnis genommen und gleich umgesetzt.

Im Dezember wurden Verlängerungen des NPO-Fonds angekündigt.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Zukunft nach der Krise

Ebenso angekündigt wurde für die zweite Auflage des NPO-Fonds eine Abbildung des "Umsatzersatzes", der in diesem Kontext nun "Einnahmenersatz" heißt. Je nach Branche und Zeitraum können NPOs bis zu 80 Prozent der entfallenen Einnahmen zurückbekommen. Der NPO-Fonds spannt hier einen breiten Bogen – denn die Bedürfnisse des Non-Profit-Sektors sind divers. Selbst wenn soziale Organisationen kaum von Einnahmeausfällen betroffen waren, andere Non-Profit-Organisationen waren es durchaus. Der Einnahmenersatz ist in der Kulturbranche, die Eintrittsgelder für Veranstaltungen lukriert, wohl treffsicherer als im Sozialbereich. Doch auch hier wurde eine in unseren Augen sehr sinnvolle Lösung gefunden: Nicht nur, dass Organisationen, die von behördlichen Schließungen nicht erfasst waren, weiterhin eine Einreichung wie in den Quartalen zwei und drei durchführen können – es wird sogar automatisch ermittelt, ob bei dieser Variante oder dem Einnahmenersatz mehr Geld ausbezahlt würde und gegebenfalls auch entsprechend aufgestockt.

Das BMKOES hört also auf die Rufe der Ziviligeschatt, jetzt muss den Ankündigungen nur noch die tatsächliche Umsetzung folgen, denn der Oktober liegt schon mehrere Monate zurück. Für die Zukunft nach der Krise bleibt zu hoffen, dass nicht profit-orientierte Organisationen auch weiterhin als wirtschaftliche Akteure ernst genommen werden. Denn die 700 Millionen für NPOs sind mit Sicherheit eine nachhaltigere Investition in unsere Gesellschaft, als das im Juni beschlossene 450-Millionen-Rettungspaket für die Luftfahrt. (Fabian Scholda, Gregor Ruttner, 8.2.2021)