Teilen eine romantische Eisntellung zur Erde: Carey Mulligan und Ralph Fiennes in "Die Ausgrabung".

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Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein. Das biblische Sprichwort stimmt auch für Basil Brown, den von Ralph Fiennes verkörperten Hobbyarchäologen aus Simon Stones Spielfilm Die Ausgrabung (The Dig). Wörtlicher noch als es der Vergleich meint: Angeheuert von Edith Pretty (Carey Mulligan), einer Landgutbesitzerin in Suffolk, um die mysteriösen Hügel auf ihrer Weide mit dem Spaten genauer zu inspizieren, wird er einmal selbst unter einem Erdwall begraben und muss schließlich mit bloßen Händen wieder freigebuddelt werden.

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Die Unfallszene ist einer der dramatischsten Momente des Films, und damit ist schon einiges gesagt. Der spektakuläre Fund von Sutton Hoo, einem angelsächsischen Schiffsgrab aus dem 7. Jahrhundert, das heute im British Museum zu bestaunen ist, dient hier nicht als Ausgangspunkt eines Wettrennens unter Archäologen, auch wenn es später einen eher britisch geführten, nie ganz offenen Kampf darum gab, wem die Kontrolle über die Arbeit und der Ruhm gebührt.

Der Film bleibt ausweichend, traditionsbewusst, auch ein wenig altmodisch wie Mr. Brown, der immer noch mit dem Fahrrad herangast und dann alleweil Zeit für ein Pfeifchen hat. Den unbedankten Autodidakten der Archäologie und die herzkranke Witwe eint ihr Respekt für das umliegende Land, vielleicht sogar noch ein wenig mehr. Fiennes ist virtuos darin, wie er sich den ländlichen Gestus eines Mannes aneignet, der um die Beschränkungen seiner Herkunft weiß. Auch Mulligan gelingt es gut, aus der etwas passiven Rolle Prettys Vorlieben nuanciert herauszuzeichnen.

Bekannt als Burg-Regisseur

Stone, in Österreich besser bekannt als Theaterregisseur, der Klassiker ins Zeitgenössische dreht, wirkt indes zu zögerlich in seiner Regie – eher kunstsinnig als künstlerisch ambitioniert. Als fürchtete er selbst, in den fragilen Überresten des Schatzes einzubrechen, riskiert er es kaum, gegen die distinguierte Tradition des britischen "period piece" anzugehen, wie es James Ivory von den 1980ern an zur filmischen Edelmarke verfeinert hat.

Der Film ist 1939 angesiedelt, kurz vor dem Eintritt Großbritanniens in den Weltkrieg. Die Sonne steht wie in einem bukolischen Terrence-Malick-Film tief über der Landschaft. Doch die Idylle, der sanfte Abenteuergeist von Brown und Pretty welken dahin, sobald sich immer mehr Figuren dazugesellen. Mit dem Gewusel am Fundort kippt der Film um und verliert sich immer mehr in den klischeehaften Verquickungen rund um das sexuell frustrierte Archäologenpaar Piggott (Lily James und Ben Chaplin). Das Gefühlskino, das Stone vorschwebte, bleibt lauwarm. (Dominik Kamalzadeh, 2.2.2021)