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In dem Kultroman Per Anhalter durch die Galaxis gibt es eine einfache Antwort auf alle Fragen: 42. Für die aktuelle Arbeitsmarktkrise gilt das auch. Nur ist die Antwort auf alle Probleme keine Zahl, sondern eine Spritze. Ohne Corona-Impfstrategie kein Ausweg aus der Arbeitsmarktmisere, lautet die einhellige Meinung von Arbeitsmarktexperten. Ist die Zeit der Lockdowns einmal vorbei und die Zeit der kollektiven Immunität angebrochen, gibt es allerdings viele mögliche Rezepte gegen die grassierende Arbeitslosigkeit.

Aber zuerst zur Wasserstandsmeldung: Am Montag präsentierte das Arbeitsmarktservice (AMS) einmal mehr horrende Zahlen. 535.470 Menschen waren Ende Jänner ohne Job, der Corona-bedingte Höchststand von Mitte April – damals waren rund 588.000 Menschen in Österreich arbeitslos – ist nicht mehr weit entfernt.

Die Arbeitslosenquote lag zuletzt mit 11,4 Prozent um 2,8 Prozentpunkte höher als im Jänner 2020.Ende Jänner waren außerdem rund 470.000 Personen in Kurzarbeit. Insgesamt hat das Arbeitsmarktservice bisher rund 5,9 Milliarden Euro für die Corona-Kurzarbeit ausgezahlt. Für 2021 sind 1,5 Milliarden Euro für die Hilfsmaßnahme budgetiert. Experten glauben nicht, dass das ausreichen wird.

Jahrelange Jobkrise

Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) bemühte sich in einer Aussendung, das Positive an der Situation zu sehen. Trotz aller Herausforderungen sei die Arbeitslosigkeit über den gesamten Jänner auf "relativ konstantem Niveau" geblieben und ein Anstieg der Schulungsteilnehmer zu verzeichnen.

Laut dem Arbeitsminister ist das Plus bei den Schulungsteilnehmern vor allem auf die Corona-Joboffensive mit ihrem Qualifizierungsangebot zurückzuführen. Nüchterner ist der Blick von Gernot Mitter. Die Krise am Jobmarkt wird frühestens Mitte des Jahrzehnts überwunden sein, prophezeit der Arbeitsmarktexperte der Arbeiterkammer (AK). Welche Rezepte gibt es gegen die Jobmisere?


Soziale Unternehmen: Für Beschäftigung sorgen in Österreich auch rund 200 soziale Unternehmen. Laut Judith Pühringer, Ex-Geschäftsführerin von Arbeit plus und jetzt grünes Mitglied des Wiener Gemeinderats, könnten sie einen Beitrag zum Kampf gegen Langzeitarbeitslosigkeit leisten. Man sollte benachteiligte Menschen längerfristig bei sozialen Unternehmen beschäftigen. Das gibt den Betroffenen eine Perspektive. Wenn man bei solchen Unternehmungen auch einen Schwerpunkt etwa auf Kreislaufwirtschaft legt, könnten sie auch einen wertvollen Beitrag für eine ökologische Zukunft leisten, so die Arbeitsmarktexpertin.


Neue Altersteilzeit: Kranke und ältere Menschen gehören in der Corona-Pandemie zu den vulnerabelsten Gruppen – auch am Arbeitsmarkt. Anstatt ältere oder gesundheitlich beeinträchtigte Menschen wieder in Arbeit zu bringen, sei es sinnvoll, sie ganz vom Arbeitsmarkt zu nehmen, sagen Experten. Die Arbeiterkammer fordert etwa einen leichteren Zugang zur Altersteilzeit.


Qualifizierung: Manche Branchen sind stark im Kommen, andere wiederum schrumpfen. Auch wenn strittig ist, für wie viel Beschäftigung beispielsweise die Luftfahrt in Österreich künftig sorgen wird, scheint klar: Digitalisierung und Ökologisierung schreiten voran. AK-Experte Mitter fordert deshalb, Qualifizierungsmaßnahmen für Arbeitslose mit Investitionen in Zukunftsbranchen zu verknüpfen. Der Staat könne nicht nur Arbeitslosen eine Perspektive geben, sondern auch die Wirtschaft modernisieren und heute schon die Arbeitskräfte ausbilden, die er morgen braucht.


Arbeitszeit umverteilen: Unumstritten sind die Erfolge der Kurzarbeit als Kriseninstrument, fast 200.000 Jobs hat sie laut AMS-Berechnungen 2020 gerettet. Mehr als 1,2 Millionen Menschen waren von der Arbeitszeitverkürzung betroffen. Umstritten ist aber, welche Lehren aus den Erfahrungen mit der Kurzarbeit zu ziehen sind. Die grüne Arbeitsmarktexpertin Judith Pühringer spricht sich für eine generelle Arbeitszeitverkürzung aus. Die Kurzarbeit zeige, dass man Arbeitszeit neu verteilen könne. Der Vorteil: Die Arbeitslosigkeit würde schon sinken, bevor die Konjunktur wieder anspringt und neue Jobs entstehen. Springt die Konjunktur einmal an, würde die Arbeitslosigkeit schneller fallen. Unter Ökonomen ist allerdings umstritten, ob eine Arbeitszeitverkürzung mehr Menschen in Beschäftigung bringt. Es gibt Studien, die das Gegenteil nahelegen: Die Arbeitnehmer verrichten ihre Aufgaben in kürzerer Zeit, die Produktivität steigt.


Anreiz für Betriebe: Der wirtschaftsliberale Thinktank Agenda Austria fordert zwar, die Kurzarbeit über den März hinaus zu verlängern. Gleichzeitig soll aber der Ausstieg aus dem Krisenmittel vorbereitet werden. Ein schrittweiser Ausstieg mache für den Staat Geld frei, mit dem er neue Stellen schaffen könne, so das Argument. Man könne die Sozialversicherungsbeiträge für den Arbeitgeber bei Neueinstellungen bis Jahresende 2022 erlassen. Alternativ könne man Arbeitgeber für neu geschaffene Beschäftigungen mit einer Förderung von 250 Euro pro Monat auf Vollzeitbasis bis Ende 2022 unterstützen, so die Denkfabrik, die arbeitgeberseitige Anreize für die Schaffung neuer Jobs als Rezept gegen Arbeitslosigkeit vorschlägt.


Arbeitslosengeld anheben: Manche Rezepte helfen gegen Arbeitslosigkeit. Andere machen sie für die Betroffenen erträglicher. So fordert AK-Experte Mitter etwa eine Erhöhung des Arbeitslosengelds. Man wisse, dass von Arbeitslosigkeit betroffene Haushalte nach wenigen Monaten ihre Konsumausgaben signifikant zurückfahren. Die Sparquote ist umso niedriger, je weniger ein Haushalt verdient. Eine Erhöhung des Arbeitslosengelds würde deshalb in den Konsum gehen, die Wirtschaft antreiben und so Jobs schaffen. Was Arbeitsminister Martin Kocher davon hält, können Sie hier nachlesen. (Aloysius Widmann, 1.2.2021)