Diesem bestatteten Maya wurden Gefäße mit Nahrungs- oder Genussmitteln ins Grab gelegt.
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Auch wenn es die Puristen unter den Rauchern schütteln mag: Tabak mit anderen pflanzlichen Substanzen und Aromen anzureichern, ist eine ebenso beliebte wie gängige Praxis – die Mentholzigarette oder der mit Gewürznelken versetzte Kretek sind nur zwei Beispiele aus einer breiten Palette. Und es handelt sich dabei auch nicht um eine neuzeitliche Abkehr von einem ursprünglichen Reinheitsgebot. Selbst dort, wo der Tabakkonsum einst erfunden wurde, wurde schon vor Jahrhunderten oder vielleicht gar Jahrtausenden fröhlich beigemischt: in den Amerikas.

Einen kleinen Einblick in das präkolumbische Konsumverhalten gibt eine Studie, die im Fachjournal "Scientific Reports" erschienen ist. Sie basiert auf der Untersuchung einiger Gefäße, in denen die Maya vor über 1.000 Jahren Tabak aufbewahrt hatten. Der Anthropologe Mario Zimmermann von der Washington State University fand sie 2012, als bei Bauarbeiten nahe der Stadt Mérida im mexikanischen Bundesstaat Yucatán Überreste einer Maya-Siedlung ans Licht kamen. Als Zimmermann mit seinem Team das Gelände sorgfältig absuchte, stieß er neben einem Haufen Scherben auch auf 14 intakt gebliebene Gefäße. Bei diesen sogenannten Veneneras handelt es sich um kleine Keramikbehälter zur Aufbewahrung von pflanzlichem Material.

Diese Veneneras stammen aus dem Zeitraum 750 bis 900.
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Deren Untersuchung erfolgte mit einer neuen Methode, die auf der Analyse von Metaboliten beruht, also Zwischenstufen chemischer Verbindungen, die diese im Verlauf ihrer Umwandlung während des Stoffwechsels vorübergehend einnehmen. Laut Zimmermann ermöglicht eine solche Untersuchung einen umfassenderen Einblick als die herkömmliche Suche nach bestimmten Biomarkern, mit denen sich immer nur ganz bestimmte Verbindungen (etwa Nikotin oder Koffein) aufspüren lassen.

Auf diese Weise konnten die Forscher eine Reihe von Verbindungen identifizieren, die sich klar auf drei Pflanzen zurückführen lassen: Virginischen Tabak (Nicotiana tabacum) ebenso wie Bauern-Tabak (Nicotiana rustica), und dazu als Extragewürz die "Studentenblume" Tagetes lucida. Diese wird in Lateinamerika seit langem auf vielfältige Weise genutzt: als Anis-ähnliches Gewürz für Suppen und Soßen, als Tee mit medizinischer Wirkung gegen kleine Wehwehchen oder als Räucherwerk, dessen Duft menschlichen Nasen schmeichelt, während er Insekten verscheucht. Zimmermann geht davon aus, dass die Maya durch die Tagetes-Beimischung ihren Rauchgenuss erhöhten.

Die Ausgrabungen nahe Mérida haben den Anstoß für eine umfangreiche "Konsumstudie" gegeben.
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Zugleich verweist der Forscher darauf, dass Rauchen unter den mesoamerikanischen Völkern nur eine von mehreren Formen des Tabakkonsums war – auch in diesem Punkt hatten die präkolumbischen Ureinwohner bereits die heutige Produktvielfalt vorweggenommen. Frühere Studien haben darauf hingedeutet, dass Tabak in Mesoamerika auch gekaut, geschnupft ... oder per Einlauf konsumiert wurde. Letzteres mag befremdlich klingen, doch waren Tabakklistiere im 17. und 18. Jahrhundert auch in Europa gebräuchlich. Damals ging man davon aus, dass es gegen Darmkrankheiten helfen würde, den Patienten Rauch in den Anus zu blasen.

Was den Maya und ihren Nachbarvölkern noch so alles eingefallen ist, will Zimmermann in weiteren Studien untersuchen. Er und seine Kollegen haben bereits bei verschiedenen mexikanischen Einrichtungen Anträge eingereicht, um nicht nur weitere intakt gebliebene Tabakbehälter auf Spuren würziger Beimengungen abzuklopfen. Sie wollen auch menschliche Überreste aus präkolumbischer Zeit untersuchen, um zu sehen, ob der Zahnbelag Spuren weiterer Substanzen enthält. (jdo, 6. 2. 2021)