Ende Dezember hat ein Beben der Stärke 6,4 in der kroatischen Stadt Petrinja schwere Schäden angerichtet. In Österreich bebte es leichter.

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Frage: Es gab es zuletzt eine Häufung von Beben in Österreich. Gibt es einen Zusammenhang mit dem schweren Erdbeben in Kroatien?

Antwort: Nein, zumindest keinen direkten. Indirekt gibt es dahingehend einen Zusammenhang, dass sowohl Österreich als auch Kroatien an die Adriatische Platte angrenzen, die sich seit Millionen von Jahren langsam nach Norden gegen die Eurasische Platte schiebt, was da wie dort voneinander unabhängige Bruch- und Störungszonen verursacht. Laut dem Seismologen Wolfgang Lenhardt * von der ZAMG ist es reiner Zufall, dass es kurz nach dem Beben in Kroatien Ende Dezember zu dieser Häufung an spürbaren Erdstößen in Österreich gekommen ist. Infolge des Bebens südlich von Zagreb ist zudem die Aufmerksamkeit in der Bevölkerung gestiegen, es gingen weit mehr Meldungen als üblich beim Erdbebendienst ein.

Frage: Sind mehrere Beben hintereinander also nichts Ungewöhnliches?

Antwort: Statistisch gesehen liegt die Zahl der jüngsten Beben zwar im oberen Bereich, aber im Rahmen. Seit dem Jahr 2000 werden in Österreich im Mittel 48 Erdbeben pro Jahr wahrgenommen, das entspricht etwa vier pro Monat. Zuletzt gab es aber Jahre mit mehr Meldungen, 2020 waren es zum Beispiel knapp 70. Die meisten Beben machen sich durch ein deutliches Rütteln bemerkbar, doch etwa alle zwei bis vier Jahre muss in Österreich auch mit leichten Gebäudeschäden durch ein stärkeres Erdbeben gerechnet werden. Schwere Schäden an Gebäuden kommen bedeutend seltener vor, hier beträgt die durchschnittliche Wiederkehrperiode etwa 75 Jahre. Das kann aber stark variieren.

Frage: Wann ist ein Beben spürbar?

Antwort: Das hängt vor allem davon ab, wie tief im Boden der Erdbebenherd liegt. Ab einer gemessenen Magnitude von 2,5 wird der Erdbebendienst automatisch aktiv und informiert die Landeswarnzentralen. Das Gleiche gilt, wenn mindestens zwei Meldungen aus der Bevölkerung eingehen. Seichte Erdbeben, etwa in der Gegend um Lech am Arlberg, werden oft schon bei einer Magnitude von 1,5 wahrgenommen. Die weitaus größere Zahl der vom seismologischen Messnetz registrierten Erdstöße ist aber nicht spürbar. Rund 12.000 weltweite Ereignisse pro Jahr wurden in heimischen Messstationen detektiert. Darunter fallen etwa 1500 tektonische Bewegungen auf österreichischem Boden. Zudem werden Sprengungen, Atomtests und sogar Meteorexplosionen, die einen Luftschall erzeugen, registriert.

Frage: Wo in Österreich sind die erdbebenanfälligsten Gebiete?

Antwort: Mithilfe historischer Daten kann Österreich in verschiedene Gefahrenzonen eingeteilt werden (siehe Grafik oben), die auch Grundlage für die Baunorm sind. Tektonisch besonders aktive Zonen sind das Rheintal in Vorarlberg, das Inntal und seine Seitentäler, das Mur- und Mürztal, das Semmeringgebiet und das Wiener Becken. Die zuletzt deutlich spürbaren Beben sind auf die sogenannte Ennstaler Störung zwischen Admont und Liezen sowie auf die Trofaiacher Störung nahe Leoben zurückzuführen.

Frage: Was ist in Ardning bei Admont, wo am 20. Jänner ein Beben der Magnitude 4,5 stattgefunden hat, unter der Erde passiert?

Antwort: Erdbeben entstehen, wenn sich Spannungen im Untergrund, die durch die Bewegung tektonischer Platten aufgebaut wurden, ruckartig lösen. Im Fall von Admont lag der Herd, auch Hypozentrum genannt, in etwa zehn Kilometern Tiefe unter dem Epizentrum in Ardning, wenige Kilometer von Admont entfernt. Das Epizentrum ist der Punkt an der Erdoberfläche, wo die Energie ihre größte Wirkung hat. Seismologen gehen davon aus, dass sich dabei die Erdkruste in zehn Kilometern Tiefe um weniger als zehn Zentimeter verschoben hat. Zum Vergleich: Bei einem Beben der Stärke 7 kann sich die Kruste um ein bis zu zwei Meter verschieben. Zuletzt gab es in der Nähe von Admont im Jahr 1810 ein ähnlich starkes Beben. Das heißt, es brauchte hier fast 200 Jahre, bis der aufgestaute Druck abgebaut wurde. In den nächsten Tagen kann es hier auch noch zu Nachbeben kommen.

Frage: Wie wird die Magnitude berechnet?

Antwort: Mit immer sensibleren Seismometern können heute kleinste Bodenbewegungen in der Größenordnung von einem Nanometer pro Sekunde erfasst werden. Die Daten sind Basis für die Bestimmung der Magnitude, eines logarithmischen Maßes der am Bebenherd freigesetzten Schwingungsenergie. Das Maß wurde 1935 von Charles Richter eingeführt. Als Magnitude Null definierte Richter jene Erschütterung, die in 100 Kilometern Entfernung vom Epizentrum nicht mehr messbar war – mit damaligen Geräten. Heute können negative Magnituden bis zu –3 aufgespürt werden, im Labor sogar bis zu –7,8. Nach oben hin gibt es eine natürliche Grenze. Da die Erdkruste nur begrenzt Deformationsenergie speichern kann, die sich in Form von Erdbeben entlädt, ist eine Magnitude größer als 9,5 nicht möglich. Für die Bewertung der Schäden auf der Erdoberfläche wird eine Intensitätsskala verwendet, die von einem (nicht fühlbar) bis zwölf Grad (vollständig verwüstend) reicht.

Frage: Wann könnte es wieder zu stärkeren Erdbeben in Österreich kommen?

Antwort: Das letzte Erdbeben, das schwere Gebäudeschäden verursachte, ereignete sich 1927 in Schwadorf nahe Wien mit einer Stärke von 5,2 auf der Richterskala und einer Intensität von Grad 8. 1972 erreichte ein Beben in Seebenstein im südlichen Teil des Wiener Beckens eine Stärke von 5,3. Die Folgen waren bis Wien spürbar, es blieb aber bei Gebäudeschäden. Seismologen rechnen damit, dass es im Wiener Becken in etwa 50 bis 70 Jahren wieder zu einem ähnlichen Ereignis kommen könnte, da Erdbeben oft in der Nähe früherer Epizentren auftreten. Mit katastrophalen Erdbeben wie etwa in Chile – dort wurde 1960 die größte Magnitude von 9,5 gemessen – ist in Mitteleuropa aber jedenfalls nicht zu rechnen. (Karin Krichmayr, 6.2.2021)

* Die Fragen wurden mithilfe von Wolfgang Lenhardt, Leiter der Abteilung Geophyik an der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) – einer Forschungseinrichtung des Wissenschaftsministeriums –, beantwortet.