Krallenfrösche mögen zwar nicht mit den Agakröten vergleichbar sein, die in Australien gewaltigen ökologischen Schaden anrichten, doch auch sie haben invasives Potenzial.
Foto: AFP PHOTO / Vacute; Gvocaron / McMaster University

Anscheinend hat wirklich alles seinen Preis. Krallenfrösche – ihr Name rührt daher, dass sie zwischen den Fingern der Vorderfüße keine Schwimmhäute haben – dienen der Forschung seit langer Zeit und in vielfältiger Weise. Sie sind gerne herangezogene Modellorganismen, um die körperliche Entwicklung zu studieren. Sie fungierten noch vor einem halben Jahrhundert als lebende Schwangerschaftstests, indem man ihnen den Urin von Frauen injizierte und beobachtete, ob sie daraufhin Eier produzierten. Und es wurden sogar Exemplare zur Weltraumstation hochgeschickt.

Doch die vielfache Verwendung hat fast zwangsläufig dazu geführt, dass manche Frösche ausgebüxt sind und sich in ihrer neuen Umgebung vermehrt haben. Mittlerweile gibt es Populationen des Afrikanischen Krallenfroschs (Xenopus laevis) in Frankreich, Italien und Portugal. Und Naturschützer sind davon alles andere als begeistert: Die invasiven Frösche, deren größere Weibchen bis zu 13 Zentimeter lang werden können, fressen einheimischen Amphibien die Nahrung weg und sind noch dazu Überträger des Chytridpilzes, der als eine der Hauptursachen des weltweiten Amphibiensterbens gilt.

Neue Berechnung

Die bisherigen Brückenköpfe könnten aber erst der Anfang gewesen sein, wie das Leibniz-Institut für Biodiversität der Tiere berichtet. Forscher des Instituts haben mit einer neuen Methode berechnet, wie hoch das invasive Potenzial des Froschs in Europa ist. Ihr Ergebnis: Er könnte sich auf einer doppelt so großen Fläche einnisten wie bisher gedacht – zwei Millionen Quadratkilometer, das ist ein Fünftel des ganzen Kontinents.

Als Bestätigung ihrer Berechnungen wandten die Forscher ihr Modell auch auf die südafrikanische Heimat des Froschs an. Das Ergebnis deckte sich mit seinem tatsächlichen Verbreitungsgebiet.
Grafik: Philipp Ginal

Zur Einschätzung eines solchen Risikos dient sogenanntes Species Distribution Modelling (SDM), womit bestimmt wird, welche geographischen Gebiete sich auf Grund der Umweltbedingungen für eine Spezies theoretisch eignen. Bisherige SDMs für den Afrikanischen Krallenfrosch hätten jedoch nur einen Bruchteil der für ihn geeigneten klimatischen Nische vorhergesagt: So lautet das Fazit der Studie eines internationalen Forscherteams um die beiden Herpetologen Philipp Ginal und Dennis Rödder.

"Mit unserem neuen Ansatz konnten wir durch Laborversuche die kritischen Minimal- und Maximal-, sowie Optimaltemperaturen ermitteln, unter denen der Frosch überleben kann", sagt Ginal. Rödder ergänzt: "Durch den innovativen methodischen Ansatz war es sogar möglich die physiologischen Limits verschiedener Entwicklungsstadien, wie Kaulquappen und erwachsene Frösche, in das Model einzuspeisen, was vorher ebenfalls nicht möglich war."

Unterschätztes Risiko

Die Ergebnisse der Studie weisen darauf hin, dass allein in Europa ein Gebiet von fast zwei Millionen Quadratkilometern für den Afrikanischen Krallenfrosch geeignet wäre. Insbesondere Süd- und Westeuropa sind laut den Modellen der Forscher besonders günstig für ihn. Aber auch vereinzelte Gebiete in Mitteleuropa würden sich eignen. Dazu komme auch noch, dass es schon erste Anzeichen dafür gibt, dass sich die in Frankreich eingeschleppten Tiere an das dortige Klima anzupassen beginnen.

In zukünftigen Studien planen die Forscher die Auswirkungen der lokalen Anpassung der Frösche an das europäische Klima zu untersuchen, um weitere Erkenntnisse zu sammeln. Diese sollen dann dabei helfen, den höchst invasiven Frosch von einem weiteren Vormarsch abzuhalten. (red, 14. 2. 2021)