Wer navigiert die eigene Wirtschaft besonders gut durch die Krise? Hier sieht sich Österreich als Vorreiter.

Foto: APA/Gindl

Die Bundesregierung liebt den Vergleich. Vor allem Deutschland wird gerne von Türkis-Grün als Beispiel herangezogen, um zu verdeutlichen, wie gut man die Wirtschafts- und Gesundheitskrise meistere. Am Dienstag holte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) einmal mehr zur Gegenüberstellung aus: Im Vergleich zu ähnlich vom Tourismus geprägten EU-Staaten hätte Österreich einen relativ geringen Wirtschaftseinbruch erlitten.

Bei den Covid-Hilfen sieht sich Österreich jedenfalls als Spitzenreiter, wie Blümel Ende Jänner betonte. Mehr als 31 Milliarden Euro an Hilfen seien ausgezahlt oder fix zugesagt worden. Vollzogen wurden laut Wifo mit Stand 15. Jänner rund 27 Milliarden. In Blümels Zahlen sind die Zusagen für Kurzarbeit berücksichtigt, die oft nicht voll ausgeschöpft werden – deshalb die Differenz.

Das Wifo hat sich im jüngsten Monatsbericht die Corona-Hilfspolitik der Bundesregierung und den Budgetvoranschlag 2021 angeschaut.

Blümel könnte die Geschichte der Corona-Hilfen aber auch anders erzählen. Von den budgetierten Hilfsmilliarden wurde nämlich bei weitem noch nicht alles ausbezahlt, wie ein Blick in den "Monatserfolg" verrät, der regelmäßig vom Finanzministerium herausgegeben wird. Die Zahlen beziehen sich auf Mitte Jänner. Demnach wurden beim Fixkostenzuschuss I von den beantragten 844,5 Millionen Euro nur 70 Prozent genehmigt und nur rund 63 Prozent tatsächlich ausbezahlt. Beim Fixkostenzuschuss II wurde von den beantragten 55,7 Millionen Euro weniger als ein Fünftel genehmigt, gerade einmal 14 Prozent wurden ausbezahlt.

Deutlich mehr beantragt

Beim Lockdown-Umsatzersatz für November wurden Zuschüsse von mehr als zwei Milliarden Euro beantragt, rund 85 Prozent genehmigt und ausbezahlt. Geringer fallen die Zahlungen beim Dezember-Umsatzersatz aus: Von der beantragten Milliarde wurden 56 Prozent bisher genehmigt, und in etwa gleich viel wurde ausbezahlt.

Auch im internationalen Vergleich sticht Österreichs Hilfspaket längst nicht so stark hervor, wie das von Regierungsseite gern betont wird. Mit 8,5 Prozent der Wirtschaftsleistung liegt das Hilfspaket laut Internationalem Währungsfonds (IWF) über dem EU-Durchschnitt, aber unter dem Schnitt der Industriestaaten, die fast 13 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Hilfen vorsehen – wenn man von nicht budgetwirksamen Maßnahmen wie Haftungen absieht.

Besonders gerne übt sich die Bundesregierung im Vergleich mit Deutschland. Insgesamt hat Berlin mit elf Prozent des BIP ein größeres Hilfspaket geschnürt als Österreich. Tatsächlich sind die zwei Förderregime aber schwer vergleichbar. Darüber hinaus ist nicht nur das Volumen der Hilfspakete ein Faktor, sondern auch, wie viel davon bei den Empfängern ankommt – und wie treffsicher die Hilfen sind. Um hier seriös einen Vergleich anzustellen, ist es noch zu früh.

Vergleich mit Deutschland

Volumen und Ausschöpfungsgrad allein sind unzureichend, um Förderpolitik zu bewerten. Denn Berlin hilft ganz anders als Wien. Margit Schratzenstaller, Ökonomin am Wifo, hat die Hilfen beider Länder für Unternehmen genauer unter die Lupe genommen. Dabei zeigt sich: Deutschland setzt stark auf Kredite, Österreich gar nicht. Hierzulande machen Haftungen und Garantien das Gros der bisher zugesagten Unternehmenshilfen aus, in Deutschland dominiert das KfW-Sonderprogramm.

Während in Österreich die Kurzarbeit fast 35 Prozent der bisher vollzogenen Hilfen ausmacht, sind es in Deutschland knapp 22 Prozent.

Vergleicht man die gesamten Hilfspakete der beiden Länder, sprechen die Zahlen des IWF Bände: Nicht budgetwirksame Hilfen wie Garantien und Kredite machen im Nachbarland 27,8 Prozent des BIP aus, in Österreich nur 2,4 Prozent.

Österreichs besonders starke Rezession

Unterm Strich kommt Österreich wirtschaftlich sogar besonders schlecht durch die Pandemie, wie Zahlen der europäischen Statistikbehörde zeigen. DER STANDARD berichtete hier.

Zusammenfassend: Österreichs Wirtschaft ist jene, die von Oktober bis Dezember mit einem Minus von 4,3 Prozent gegenüber dem dritten Quartal in der EU am stärksten einbrach. In der Schnellschätzung von Eurostat fehlten aber noch einzelne Länderdaten, es kann sich noch etwas an dem Vergleich ändern. Die Unterschiede sind aber groß. Die EU ist mehr als achtmal weniger geschrumpft als Österreich.

Die Opposition zeigt sich angesichts der aktuellen Wirtschaftszahlen alarmiert. Viel helfen muss man, wenn viel Schaden angerichtet wird, heißt es beim Neos Lab – wer sich über große Hilfspakete freut, sei demnach eigentlich schadenfroh. (Nora Laufer, Andreas Schnauder, Aloysius Widmann, 3.2.2021)