Jetzt zu etwas ganz anderem: Können Sie sich noch daran erinnern, als zu viel Stoff vor der Nase auf der Liste des Erregungspotenzials im öffentlichen Raum ganz vorne lag? Burka, Nikab, Gesichtsschleier, Verhüllungsverbot? Heutzutage würde sich die Anzahl derer, die sich über die Gesichtseinwicklung zwecks Demonstration angeblicher islamischer weiblicher Züchtigkeit ärgern, mit jenen die Waage halten, denen das Vorhangl viel zu luftig daherkommt und die dabei vor allem das Fehlen des Aufdrucks "FFP2" bemängeln.

Was Corona alles mit uns macht. Unsere Nachbarn kennen wir heute auch viel besser und sie uns, wir sind ja immer alle zu Hause. Manch zufälliger Blick durch die Fenster enthüllt, was sonst verhüllt bleibt. Moment, oder war das umgekehrt?

Die Geschichte spielt in der Reihenhaussiedlung und geht so: Nachbarin 1 mit einem Namen, der auf die Herkunft aus dem islamischen Raum oder auf Verheiratung mit einer Person aus demselben hinweist. Sie geht am Küchenfenster von Nachbarin 2, nennen wir sie Huber, vorbei, diese steht in der Küche und kocht. Besser gesagt, sie frittiert, das – Friseurbesuchsverbot! – wuchernde Haupthaar fest in ein Kopftüchl gehüllt. Muss ja nicht auch noch nach Frittieröl stinken, die Matte! Nachbarin 1 sieht Nachbarin 2 mit Kopftuch, stutzt. Ihr nonverbaler Kommentar durchs Fenster: Scheibenwischerzeichen. Das Recht auf das Kopftuch ist auch in der eigenen Küche in Gefahr. (Gudrun Harrer, 3.2.2021)