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In der Regierung herrscht ein "veritabler Konflikt" zwischen den Grünen in Form von Vizekanzler Werner Kogler (links) und der türkisen Regierungsspitze (Kanzler Sebastian Kurz, rechts).

Foto: Reuters/Foeger

Die Grünen grenzen sich immer schärfer von der Asylpolitik des Koalitionspartners ÖVP ab. Am Dienstag kritisierte Vizekanzler Werner Kogler bei "Vorarlberg live", dass die Volkspartei "ohne Herz und Hirn" agiere, wenn sie Kinder abschiebe, die "keine Verwurzelung im Heimatland haben, sondern hier". Dass drei hier geborene Schülerinnen mit ihren Familien Österreich verlassen mussten, sei "unmenschlich, unverantwortlich und unklug".

Für die Grünen ist auch die Rechtsauslegung von Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) falsch. So besage das Höchstgerichtsurteil gegen die georgische Familie, dass zwar abgeschoben werden kann, nicht aber abgeschoben werden muss. Überzeugen will Kogler die ÖVP nun mit einer "breiten Allianz". Es seien auch "ÖVP-Politiker oder auch ÖVP-Mitglieder, die bei uns anklopfen und uns die Tür einrennen, dass wir hier etwas ändern mögen", erzählte der Vizekanzler.

Für Sigrid Maurer "unerträglich"

Ähnlich argumentierte das am Dienstagabend Klubobfrau Sigrid Maurer im ORF-"Report". Sie bestätigte einen "veritablen Konflikt" innerhalb der Regierung. "Es ist unerträglich, und niemand in Österreich versteht", warum Schülerinnen in Österreich mitten in der Nacht unter diesen Umständen abgeschoben würden, sagte Maurer.

Ein Ausstieg aus der türkis-grünen Koalition helfe aber niemandem, erklärte die Klubobfrau – denn auch dann würde die Mehrheit dafür fehlen, die Asylgesetze zu ändern. Auch Kogler verwies darauf, dass die dortigen Verschärfungen in den Vorgängerregierungen von SPÖ, ÖVP und FPÖ beschlossen worden waren.

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ÖVP sieht keine Verstimmung

Bislang bleibt der türkise Teil der Bundesregierung in dieser Frage hart. Das ist keine Überraschung: Das Innenministerium wird seit 2001 von ÖVP-Politikern geführt, die prinzipiell eine strenge Asylpolitik vorantreiben. Im Koalitionspakt zwischen ÖVP und Grünen wurde sogar ein "Notmechanismus" vorgesehen: Bei einer krisenhaften Situation in der Flüchtlingsfrage können sich die Koalitionspartner, sofern keine türkis-grüne Einigung möglich ist, anderen Mehrheiten im Nationalrat anschließen.

Noch scheint ein solches Szenario aber weit weg: Die ÖVP bekräftigte am Mittwoch in einer Pressekonferenz, dass es "kein Konfliktpotential" in der Koalition mit dem grünen Juniorpartner gebe. Die stellvertretende ÖVP-Generalsekretärin Gaby Schwarz bezeichnte das Arbeitsklima als konstruktiv. Sie verteidigte die Abschiebung erneut.

Georgien: "Reintegration als Priorität"

Indes hat Georgien angesichts des österreichischen Abschiebungsstreits seinen Willen zur Aufnahme zurückgeschobener Bürger unterstrichen. "Reintegration" sei eine "Priorität der georgischen Regierung", teilte der Leiter der Flüchtlingsabteilung im Sozialministerium, Dawit Kaikazischwili, der APA auf Anfrage mit. So gebe es in den Schulen Bildungsprogramme, "die für nicht georgisch Sprechende maßgeschneidert sind", sagte er in Anspielung auf den Fall der Wiener Gymnasiastin Tina, der den Konflikt in der Koalition ausgelöst hatte.

Zudem lasse man den Rückkehrern "alle Vorteile des allgemeinen Gesundheitssystems zukommen", sagte Kaikazischwili. Sie seien wie alle georgischen Bürger auch zur Inanspruchnahme von Sozialhilfe berechtigt, wenn sie diese benötigen.

Wilfried Embacher, der Anwalt von Tinas Familie, will weiter für eine Rückkehr nach Österreich kämpfen: Er nannte Nehammer einen "Rechtsbrecher" und warf den Behörden vor, Anträge der beiden Schwestern auf humanitäres Bleiberecht im Mai 2020 absichtlich liegengelassen zu haben. (fsc, APA, 3.2.2021)