Schon am Wochenende sagte Sebastian Kurz (ÖVP) wegen der sich stetig verschlimmernden Coronavirus-Krise in Portugal dem südlichen EU-Mitglied solidarischen Beistand der Republik zu: Von dort sollen nun einige Intensivpatienten übernommen werden, versprach der Kanzler dem portugiesischen Premier António Costa.

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Szene vor einem Spital auf der portugiesischen Insel Madeira: Dort stauen sich Krankenwagen mit Covid-Patienten.
Foto: Reuters / Duarte Sa

Die Lage vor Ort ist tatsächlich prekär: Allein im Jänner starben 5.576 Menschen nach einer Infektion – was fast die Hälfte an Toten, konkret 44 Prozent, seit Ausbruch der Pandemie in Portugal ausmacht. Längst sind in vielen Krankenhäusern auch die Kapazitätsgrenzen erreicht, Krankenwagen warten mitunter stundenlang vor den Spitälern, bis ein Bett frei wird, vermelden die Nachrichtenagenturen.

Trotz alledem mobilisiert die FPÖ schon eifrig gegen das Ansinnen des Kanzlers – allen voran deren Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch und Verfassungssprecherin Susanne Fürst. Ihr Tenor: Das Angebot an Portugal, Patienten aufzunehmen, sei "eine Verhöhnung der österreichischen Corona-Opfer". Ihrer Ansicht nach sollte Österreich erst dann schwer Erkrankte aus dem Ausland aufnehmen, wenn hier alle einschränkenden Maßnahmen – Stichwort Lockdown – beendet sind.

Freilich geht es bei der Solidaritätsaktion für Portugal eher nicht um Massenübernahmen von Intensivpatienten, wie ein STANDARD-Rundruf ergibt – sondern wohl eher – schon wie bisher – um die Behandlung und Betreuung von höchst kritischen Einzelfällen.

Gebot der Stunde

So kann und soll etwa ein Patient oder eine Patientin aus Portugal in Kärnten aufgenommen werden – in einem Spital der Landeskrankenanstalten-Betriebsgesellschaft Kabeg. In welchem Krankenhaus konkret, wird nicht bekanntgegeben, "um einen Rummel zu vermeiden", heißt aus der Landesregierung. Auch in der Steiermark wird für einen Covid-Fall aus Portugal ein Intensivbett freigemacht – im Klinikum Graz.

Wie viele Patienten insgesamt aus Portugal nach Österreich gebracht werden, muss derzeit noch mit dem portugiesischen Gesundheitsministerium "final" geklärt werden, heißt es aus dem Kanzleramt. Kurz selbst sprach von einem "Gebot der europäischen Solidarität, rasch und unbürokratisch Menschenleben zu retten".

Rückblick: Schon im Vorjahr hat Österreich Intensivpatienten aus Frankreich, Italien und Montenegro aufgenommen, freilich nicht Sonderzahl, aber immerhin. Drei Corona-Fälle wurden etwa im April mit einem Hubschrauber der französischen Armee eingeflogen, die bereits Intubierten dann im Landesklinikum Salzburg behandelt. Anfang Mai konnten die drei Männer – wieder genesen – ihre Heimreise antreten. Das Land Tirol wiederum hatte im März fünf Intensivpatienten aus Südtirol aufgenommen. Und aus Montenegro wurde im Vorjahr schon im Klinikum Klagenfurt und im Klinikum Graz jeweils ein Patient behandelt – wovon einer verstarb. Die Zusagen für die Solidarhilfe für Portugal hingegen sind derzeit noch äußerst überschaubar.

Selbst ausgelastet

In den Tiroler Landesspitälern ist noch nicht einmal um Hilfe angefragt worden, hieß es am Mittwoch, und: Der Intensivbereich sei "ziemlich ausgelastet, nicht nur mit Covid-Patienten", so Johannes Schwamberger von den Tirol-Kliniken. In so manchem Bundesland wird hinter vorgehaltener Hand zudem erneut moniert, dass man über die Zusage des Kanzlers gegenüber Lissabon über die Medien erfahren habe – und dass erst danach zu allfälligen Kapazitäten angefragt wurde.

Im Burgenland ist ebenfalls noch nicht angeklopft worden, lautete der Stand am Mittwoch. Leo Szemeliker, Sprecher der Krankenanstaltengesellschaft dazu: Allfällige Anfragen würden wohl ohnehin eher über politische Kanäle laufen. Im Landeshauptmannbüro weiß man auch noch nichts von einer Bitte um Übernahme portugiesischer Intensivpatienten, sagt Jasmin Puchwein, die Sprecherin des rekonvaleszenten Landeshauptmanns Hans Peter Doskozil (SPÖ). Im Eisenstädter Landhaus hört man jedenfalls: "Das ist typische Kurz-Kommunikation – etwas verkünden, ohne mit den dafür Zuständigen gesprochen zu haben."

Das Salzburger Uniklinikum winkt gleich ab, portugiesische Patienten aufzunehmen. Die Übernahme sei kein Thema, weil Salzburg eine doppelt so hohe Inzidenzzahl habe wie andere Teile Österreichs, so Sprecher Wolfgang Fürweger. Im chirurgischen Bereich müssten notwendige Operationen verschoben werden. Fazit: "Solange das passiert, können wir keine Patienten aus dem Ausland aufnehmen, während heimische warten." (Walter Müller, Stefanie Ruep, Wolfgang Weisgram, Nina Weißensteiner, 3.2.2021)