Die Finanzmisere hat das Burgtheater mittlerweile aufgearbeitet, die Covid-Krise wird aber wohl noch Spuren hinterlassen.

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In den Jahren 2013 und 2014 flog Stück für Stück der sogenannte Burgtheater-Skandal auf: Es traten schiefe Bilanzen und dolose buchhalterische Praktiken zutage, die ein Millionenloch in die Finanzen des Staatstheaters gerissen hatten. Sechs Jahre ermittelte die Staatsanwaltschaft, ein kleiner U-Ausschuss des Parlaments befasste sich mit der Causa und auch der Rechnungshof legte einen haarsträubenden Bericht vor.

Beauftrag wurde dieser vom damaligen SPÖ-Kulturminister Josef Ostermayer. Kritik wurde von Anfang an laut, weil dieser die Überprüfung durch das Kontrollorgan nur bis ins Jahr 2008 zurückgehend angestellt haben wollte. Das Pikante daran: Von 1998 bis 2008 war Ostermayers Nachfolger und Parteikollege Thomas Drozda, heute Kultursprecher der SPÖ, als kaufmännischer Direktor der Burg aktiv.

Drozda mehrfach befragt

Dass Drozda geschützt werden sollte, wurde stets heftig bestritten. Mehrfach wurde Drozda von den ermittelnden Behörden als Zeuge befragt, jedoch nie als Beschuldigter geführt, von ursprünglich drei Beschuldigten in der Causa blieb letztlich nur eine übrig: Silvia Stantejsky. Sie war zunächst Prokuristin unter Drozda, ab 2008 folgte sie ihm auf dessen Empfehlung hin als kaufmännische Geschäftsführerin unter Direktor Matthias Hartmann nach. 2019/20 wurde Stantejsky nach einem Teilgeständnis der Prozess gemacht. Das noch nicht rechtskräftige Urteil: Zwei Jahre bedingte Haft und eine Geldstrafe. Sie hatte sich u.a. selbst bereichert.

Aber auch Thomas Drozda wurde gewisse Vorwürfe in all der Zeit nie ganz los: So musste er sich als Kulturminister öffentlich erklären, warum Abgabenhinterziehung etwa bei der Beschäftigung ausländischer Schauspieler bereits unter seiner Zeit aufgetreten war – wofür ebenfalls Stantejsky verantwortlich gemacht wurde; und schon damals war immer wieder Thema, dass das System der Bargeld-Auszahlungen, wonach die Burg als de facto Hausbank für Beschäftigte Cash verteilte, nicht erst mit Stantejsky kam.

Die zwischenzeitliche ÖVP-FPÖ-Regierung wollte Drozdas Rolle genauer beleuchtet haben und beauftragte den Rechnungshof schließlich mit einer erneuten Prüfung der Burg-Finanzen bis zur Zeit der Ausgliederung aus der Staatsverwaltung im Jahr 1999 zurück. Der Rohbericht, in dem noch die Stellungnahme des Burgtheaters aussteht, wurde nun dem Kurier zugespielt.

Sittenbild Staatstheater

Viel Neues habe der Bericht laut der Tageszeitung nicht zutage fördern können, da Belege nur sieben_Jahre aufgehoben werden müssen, also einige nicht mehr auffindbar gewesen seien. Dennoch stellte der Rechnungshof nun klar, dass es die Bargeld-Handhabe sowie die Steuerproblematik bereits unter Drozda gab. Außerdem sei die Finanzlage des Hauses der Geschäftsjahre 1999/2000 bis 2007/08 "durchgehend angespannt" und "kritisch" gewesen, hinzu kamen "mangelhafte" Quartalsberichte und "kein internes Kontrollsystem", so der Kurier.

Kritisiert wird auch, dass Drozda, der aus dem Büro von Altbundeskanzler Viktor Klima (SPÖ) kam, sich bei der Ausgliederung des Theaters den Job ohne Ausschreibung quasi aussuchen konnte. Oder dass ihm für die anfallende Arbeit bei seiner Übergabe an Stantejsky (Drozda wechselte 2008 zu den Vereinigten Bühnen Wien) 12.000 Euro extra ausgezahlt worden seien.

Rechtlich dürfte all das natürlich gedeckt gewesen sein. Und Thomas Drozda beteuert bis heute, ein solides Haus übergeben zu haben. Aus dem SPÖ-Klub hieß es heute, Drozda habe das Burgtheater mit einem Eigenkapital in der Höhe von 15,67 Mio. Euro und einer Eigenkapitalquote von 60 Prozent übergeben – woraus vier Jahre später ein negatives Eigenkapital von 15 Mio. Euro geworden sei.

Politischer Schlagabtausch

Von der ÖVP kam eine Rücktrittsaufforderung: "Die roten Seilschaften, die den Burgtheater-Skandal mitzuverantworten haben, müssen aus der Deckung kommen. Und Drozda sollte schleunigst seinen Hut nehmen – bei ihm waren und sind die Kultur, die Finanzgebarung und die Transparenz nicht gut aufgehoben", so ÖVP-Kultursprecherin Maria Großbauer.

Eine "mehr als befremdliche" Forderung wiederum sah darin SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid. Man empfehle Großbauer, sich nicht weiter auf politisches Glatteis zu begeben, "bevor derart falsche und abwegige Behauptungen, die auch eine Klage nach sich ziehen können, aufgestellt werden".

Was also bleibt übrig? Wohl nicht mehr als ein Sittenbild. Ein unschönes Sittenbild. (Stefan Weiss, 3.2.2021)