Viele Jugendliche genieren sich, wenn sie Opfer sexueller Belästigung in sozialen Netzwerken werden. Manche werden sogar mit Nacktfotos, die sie zuvor sorglos verschickt haben, erpresst.

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"Schick mir Bilder von deinem Body, ich will mit dir ficken." Nachrichten wie diese soll ein 20-jähriger Salzburger an vier Mädchen geschickt haben. Er forderte sie über Snapchat und andere Social-Media-Plattformen auf, Nacktbilder zu senden, und drohte den Mädchen, die Fotos zu veröffentlichen. Der junge Erwachsene musste sich wegen pornografischer Darstellung Minderjähriger und Nötigung vor dem Salzburger Landesgericht verantworten.

"Die Mädchen waren zwölf, 13, 14 und 15 Jahre alt. Ist Ihnen klar, dass das nicht geht?", fragte die Richterin den Angeklagten. "Ja", antwortete er kleinlaut. Er erschlich sich das Vertrauen der Mädchen und soll so lange auf sie eingeredet haben, bis diese ihm tatsächlich Nacktfotos schickten. Im Herbst entdeckten die Eltern einer 13-Jährigen einen Chat ihrer Tochter mit dem Angeklagten und erstatteten Anzeige bei der Polizei.

Bewährungsstrafe nach U-Haft

Der junge Mann, der bereits einen Monat in U-Haft saß, zeigte sich voll geständig. Die Richterin sprach ihn schuldig und verurteilte ihn zu sechs Monaten bedingter Haft und einer Geldstrafe von 720 Euro. Angeordnet wurden eine Psychotherapie, Bewährungshilfe sowie ein Kontaktverbot bezüglich der betroffenen Mädchen. Zudem muss er ihnen je 300 Euro Entschädigung bezahlen.

Die Geschichte der vier Mädchen ist kein Einzelfall. Laut einer Studie im Auftrag von SOS Kinderdorf haben 27 Prozent aller Kinder und Jugendlichen bereits einmal sexuelle Belästigung im Internet erlebt. Das hat eine repräsentative Befragung unter 400 Kindern und Jugendlichen im Alter von elf bis 18 Jahren ergeben.

Die Erlebnisse reichen von unangenehmen sexuellen Fragen bis hin zu eindeutigem sexuellem Missbrauch. Sehr häufig werden Nacktfotos oder -videos an Jugendliche geschickt, oder sie werden aufgefordert, welche von sich selbst zu schicken. Knapp über zehn Prozent der Befragten wurden auch schon einmal erpresst, etwa indem ihnen angedroht wurde, dass Nacktfotos oder intime Details aus Chatkontakten an Eltern oder Freunde geschickt werden, wenn sie keine weiteren Nacktfotos schicken. Auch Geldzahlungen oder persönliche Treffen werden teilweise verlangt.

Viele Betroffene genieren sich und holen keine Hilfe

Die Anfragen bei der Kinder- und Jugendanwaltschaft (Kija) wegen Sextings und sexueller Belästigung haben jedoch abgenommen. Ein Rückgang, der der Salzburger Kinder- und Jugendanwältin Andrea Holz-Dahrenstaedt Sorgen bereitet. Sie befürchtet, dass sich die Betroffenen nicht mehr melden, weil der direkte Kontakt mit den Jugendlichen über Schulworkshops im Corona-Jahr abgenommen hat.

"In der Rückschau der Fälle zeigt sich, dass sich die Jugendlichen genieren. Sie haben das Gefühl, sie hätten selbst etwas falsch gemacht", sagt Holz-Dahrenstaedt. Deshalb würden die wenigsten von sich aus Hilfe suchen, sondern eher wenn Cybermobbing, Sexting oder Grooming in der Schule thematisiert würden. "Das Problem ist, dass diese Jugendlichen mit ihren Problemen allein bleiben", sagt die Jugendanwältin.

Eltern rät Holz-Dahrenstaedt, mit den Kids in Kontakt zu bleiben, sich zu informieren und auch über Privatsphäreneinstellungen am Smartphone zu sprechen. "Das Internet vergisst nicht." Sollten bereits Fotos im Umlauf sein, sei es wichtig, aktiv zu werden und sich an Beratungsstellen wie Safer Internet oder an die Kija zu wenden. (Stefanie Ruep, 4.2.2021)