Virologin Dorothee von Laer bekräftigt, dass es sich nicht um einen lokalen Ausbruch der Coronavirus-Mutationen handel.t

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Innsbruck – Tirol soll nach Meinung von Dorothee von Laer, Virologin an der Med-Uni Innsbruck, angesichts des Auftretens neuer lokaler Corona-Mutationen für einen Monat isoliert werden – DER STANDARD hat berichtet. Gleichzeitig übt die Beraterin der Bundesregierung scharfe Kritik am Land Tirol im Umgang mit den Corona-Mutanten und warnt vor einem "zweiten Ischgl". Einem Bericht der "Presse" zufolge prüft das Gesundheitsministerium bereits Reisebeschränkungen.

Bei 75 PCR-Proben wurde die südafrikanische Variante nachgewiesen, in 21 Fällen die britische, hieß es seitens des Landes am Mittwochabend. Tirol gilt inzwischen als europäischer Hotspot der südafrikanischen Mutante des Coronavirus. Diese ist nicht nur ansteckender, sondern könnte auch zu Reinfektionen führen beziehungsweise könnte die Impfung nicht so gut gegen sie wirken. Dazu kommt, dass laut von Laer zumindest zwei bis drei eigenständige Tiroler Mutationen der südafrikanischen Variante aufgetreten sind. Welche Eigenschaften diese haben, weiß man aber noch nicht.

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Kein lokaler Ausbruch

Im Ö1-"Morgenjournal" am Donnerstag bestätigte von Laer, dass die südafrikanische Variante zumindest zwischen Innsbruck und Kufstein schon "in die Täler rein" gekommen sei. "Das ist alles andere als ein lokaler Ausbruch." Von Laer empfiehlt eine Verlängerung des Lockdowns und zwei große Massen-Screenings im Abstand von drei Tagen. Alternativ könne Tirol für vier Wochen isoliert werden.

Der Tiroler Impfkoordinator Elmar Rizzoli widersprach der Wissenschafterin hingegen im "Morgenjournal". Er sehe "derzeit keinen Anlass" für eine Isolation des Bundeslandes. Die südafrikanische Virusvariante könne lokal sehr gut eingeschränkt werden, "und dort sind wir tätig". Man müsse sich die Fälle im Detail ansehen, meint Rizzoli. Die britische Mutation sei zudem weiter verbreitet.

Zweites Ischgl

Auch im Gesundheitsministerium ist man besorgt und schließt Reisebeschränkungen nicht aus. Verdachtsproben aus Tirol würden derzeit endausgewertet. Sobald die Ergebnisse vorliegen, wolle man mit dem Land Tirol über weitere notwendige Maßnahmen zur Eingrenzung sprechen. Virologin von Laer wirft dem Land Tirol allerdings Untätigkeit vor: "Das Land Tirol mauert und verschleiert wieder", wird sie im "Kurier" zitiert. Sie habe bereits vor einer Woche angeboten, Sequenzierungen durchzuführen. "Stattdessen werden die Proben weiter an die Ages geschickt, von wo sie dann nach ein bis zwei Wochen wiederkommen. Wir sequenzieren hier in zwei bis drei Tagen", erklärt die Virologin.

Mehr als zehn Prozent der Neuinfektionen

Laut den jüngsten Zahlen von Ende vergangener Woche dürfte aktuell in etwa die Hälfte aller Infektionen mit einer neuen Variante auf die südafrikanische B.1.357-Variante zurückgehen, sagt von Laer. Diese Variante könnte damit in Tirol mehr als zehn Prozent der Neuinfektionen ausmachen, allerdings werden die genauen Zahlen derzeit noch erhoben.

Andreas Bergthaler vom Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (CeMM) ergänzt, dass eine Tiroler Stichprobe einen B.1.351-Anteil von 15 Prozent aufwies, aber nur fünf Prozent der britischen Variante B.1.1.7. Er weist aber auch darauf hin, dass noch nicht geklärt sei, ob die genaue Ausbreitung in Tirol regional geclustert oder schon weiter verbreitet ist.

Tirol will mehr Tests

Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sah am Mittwoch noch keine exponentielle Ausbreitung der Virusmutationen, die Corona-Zahlen seien außerdem konstant. Dennoch steht für Platter fest, dass die aktuelle Situation "ernst" sei und "unsere volle Aufmerksamkeit" erfordere. Reagieren will das Land nun auf diese Entwicklung mit einer Intensivierung der Corona-Tests und der Kontaktnachverfolgung. Die Testkapazitäten sollen in den nächsten Tagen auf 50.000 Testungen pro Tag erhöht werden. (brun, 4.2.2021)