Viele Kameras für so ein Smartphone.

Foto: Proschofsky / STANDARD

Ein Smartphone-Test ist bis zu einem gewissen Grad immer eine subjektive Angelegenheit. Wie stark einzelne Punkte gewichtet werden, wie sehr man in die Tiefe geht, welcher Zugang ganz allgemein auf das Thema gewählt wird – all das macht unterschiedliche Tests zum Teil erst interessant. Gleichzeitig gibt es natürlich auch objektiv messbare Kriterien, immerhin erhält ja jeder Tester dasselbe Stück Hardware, viele Ergebnisse sollten also reproduzierbar sein. Und jenseits der subjektiven Faktoren ergibt sich damit im Schnitt der Tester meist ein recht durchgängiges Bild.

Aber eben nur meist: So war das STANDARD-Fazit zur Kamera des Galaxy S21 Ultra von Samsung – relativ gesehen – doch merklich negativer als jenes vieler anderer Tester. Das ist natürlich auch dem Autor dieser Zeilen nicht entgangen, und natürlich – so viel Blick hinter die Kulissen sei ausnahmsweise erlaubt – stellt man sich dann schnell die Frage: Warum? Immerhin ist der zentrale Anspruch an einen Test immer, einen fairen Eindruck zu vermitteln. Gleichzeitig war auch mit einem zweiten oder dritten Blick auf die Testfotos kein substanziell anderes Fazit möglich.

Spurensuche und Neustart

Dies ließ zwei Optionen übrig: Entweder war die Hardware des Testgeräts in irgendeiner Weise beschädigt, oder die winterlichen, von einer starken Wolkendecke geprägten Lichtverhältnisse, die während des ursprünglichen Testzeitraums durchgängig herrschten, hatten Defizite aufgezeigt, die sich bei besseren Wetterbedingungen nicht zeigen. Um dieser Frage nachzuspüren, haben wir uns von Samsung nun noch ein zweites Testgerät besorgt und die Chance auch gleich genutzt, einen etwas langfristigeren Blick auf die Kamera-Performance zu richten – und vor allem das endlich wieder vorhandene direkte Sonnenlicht auszuprobieren.

Vorab betont sei an dieser Stelle: Dies soll kein Ersatz für den ursprünglichen Test sein – wer all die Spezifikationen und andere Hardwaredetails des Galaxy S21 Ultra nachlesen will, sei auf den eigentlichen Test verwiesen. Zudem soll es im Folgenden wirklich nur um die Fotoqualität gehen. Wer selbst in die Details gehen will, für den gibt es parallel dazu auch erneut ein Google Photos-Album mit den Bildern in Originalqualität.

Starkes Licht, starke Bilder

Ein Verdacht bestätigt sich beim zweiten Testdurchlauf jedenfalls schnell: Bei optimalen Lichtverhältnissen spielt die Kamera des Galaxy S21 Ultra ihre Stärken voll und ganz aus. Die Bildqualität ist in diesem Setting für ein Smartphone wirklich hervorragend, vor allem was den Gesamteindruck anbelangt. Ob Dynamikumfang, Qualität der Farbwiedergabe oder auch Weißabgleich, in all diesen Kategorien schneiden die Bilder sehr gut ab. Und das ist auch deswegen bemerkenswert, weil das bei Samsung-Geräten bei weitem nicht immer so war.

Gutes Licht, sehr gute Bilder. Die Rechnung ist beim S21 Ultra einfach.
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Ein zweites Testfoto bei gutem Licht.
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Bei feinen Strukturen zeigt sich dann ein sehr weicher, fast leuchtender Look.
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Was ebenso auffällt, ist, dass die Bilder extrem "sauber" wirken – und zwar schon fast auf eine unrealistische Weise. Und tatsächlich: Wer sich die Aufnahmen im Detail ansieht, wird schnell merken, dass so manche Mauer eines Gebäudes wie von Verschmutzungen gereinigt wirkt. Das muss man nicht mögen, fällt aber noch in die Kategorie dessen, was man als individuellen "Look" der Kamera verbuchen kann. Neben einer generellen Tendenz der Samsung-Software, sehr aggressiv gegen Rauschen vorzugehen, dürfte dies nämlich auch am verwendeten Sensor des S21 Ultra liegen.

Zur Erinnerung: Hierbei handelt es sich um einen 108-Megapixel-Sensor, bei dem jeweils 3x3 Pixel kombiniert werden, um dann das fertige 12-Megapixel-Bild zu ergeben. Dieses "Binning" genannte Verfahren soll besonders lichtstarke Bilder ergeben, hat aber auch einen bekannten Nachteil: Es führt dazu, dass durch die notwendigen Berechnungen manche Details falsch wiedergegeben werden.

Besonders deutlich zeigt sich dies bei Darstellung von feinen Details: Äste eines Baumes wirken, als ob sie von einem sehr weichen Leuchten umgeben wären. Aber wie gesagt: All das fällt größtenteils in den Bereich des Geschmäcklerischen. Der Gesamteindruck bleibt trotzdem sehr stark.

Telekameras sind ein echtes Plus

Was ebenfalls begeistert – wie auch schon beim ersten Testlauf –, ist die Performance der zwei Telekameras. Und dieses Lob verstärkt sich bei sehr gutem Licht noch. Gerade wenn man sich an die optischen Vergrößerungsfaktoren der Hardware – also 3x und 10x – hält, gibt es zum Teil wirklich tolle Bilder, die vor nicht allzu langer Zeit für ein Smartphone noch unvorstellbar gewesen wären.

Andere Vergrößerungsfaktoren zu nutzen, ist hingegen selten eine gute Idee. Gerade 2x sieht weiter schlechter aus als auf so manch erheblich günstigerem Gerät. Da die Zwischenstufen von der Software – und in diesem Fall eher schlecht – berechnet werden, ist es meist besser, bei 3x und 10x zu bleiben und die Bilder dann nachträglich zu beschneiden.

Das gilt übrigens auch in die andere Richtung: Die von Samsung beworbenen Zoom-Stufen 30x und 100x liefern bei näherer Betrachtung nichts, was man nicht über das Beschneiden eines 10x-Bildes auch bekommt – und das noch dazu leichter, weil man den Ausschnitt später in Ruhe auswählen kann, ohne vom Wackeln der Hand gestört zu werden.

Dieselbe Perspektive, drei Aufnahmen: zunächst die Hauptkamera ...
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... dann mit Vergrößerungsfaktor 3 ...
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--- und schlussendlich mit Vergrößerungsfaktor 10.
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Bleibt noch die Ultraweitwinkelkamera, über die in der Vergangenheit bereits viel positive Worte verloren wurden, was vor allem an ihrem großen Betrachtungswinkel von 120 Grad liegt. Vor allem schafft es Samsung, trotz der bei so einer Optik unvermeidlichen Entzerrung via Software doch noch immer eine ziemlich gute Bildqualität zu halten. Leichte Abzüge gibt es allerdings für die Farbwiedergabe, die sich hier doch deutlich von der Hauptkamera unterscheidet.

Szenenwechsel

Bei guten Lichtverhältnissen ansehnliche Fotos zu machen ist das eine. Bei schlechten ist das schon wieder eine ganz andere Herausforderung. Und um hier gleich zu spoilern: Bei diesen sind die Ergebnisse auch im zweiten Testdurchlauf nur in einem ziemlich überschaubaren Rahmen besser – zumindest wenn man sich auf die Voreinstellungen von Samsung verlässt.

So hatte etwa eines der ursprünglichen Abendfotos sowohl zu den Rändern hin als auch in dunklen Bereichen starke Unschärfen gezeigt. Mit dem neuen Testgerät fällt dieselbe Aufnahme zwar eine Spur besser aus – vor allem was das Überstrahlen rund um das beleuchtet Schild – anbelangt, aber die grundlegenden Defizite verbleiben. An den Rändern wirkt die Aufnahme komplett verschwommen, aber auch andere Stellen wirken, als wäre jemand eher krude mit dem Weichzeichner drübergegangen.

Dieses Phänomen zeigt sich auch bei vielen anderen Abendaufnahmen. Was das Ganze besonders irritierend macht: Es zeigt sich hier kein gradueller Verlauf, sondern es sind tatsächlich größtenteils grob abgegrenzte Flächen, die weichgezeichnet sind. Hier macht also die Samsung-Software ganz offensichtlich etwas falsch. Aber auch der Sensor könnte eine Rolle spielen. Bleibt doch auch mit dem zweiten Testgerät die Erkenntnis, dass Samsungs Galaxy Note 20 Ultra mit einer früheren Version des 108-Megapixel-Sensors diese Effekte so in diesem Ausmaß nicht zeigt.

Ein Foto aus dem Originaltest mit dem Galaxy S21 Ultra.
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Mit dem neuen Testgerät zeigen sich leichte Verbesserungen, es bleiben aber deutliche Defizite – vor allem zu den Rändern hin.
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Das Note 20 Ultra liefert im Vergleich trotzdem noch immer ein besseres Bild.
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Nun wurde schon kurz das Wort "Voreinstellungen" erwähnt und damit auch auf eine Lösung verwiesen: Wer manuell den Nachtmodus wählt, bekommt erheblich bessere und vor allem auch schärfere Aufnahmen. Ganz so gut, wie man es angesichts des für ein Smartphone geradezu riesigen (1/1,33 Zoll) Sensors erwarten könnte, sind die Ergebnisse zwar auch wieder nicht, aber der Unterschied zur Default-Wahl ist doch beachtlich.

Große Unterschiede

Die ohne Nachtmodus erstellten Abendaufnahmen sind zum Teil dermaßen schlecht, dass es unverständlich erscheint, warum Samsung den Nachtmodus nicht offensiver automatisch aktiviert. Dunkle Stellen sind extrem verwaschen, generell zeigt sich oft ein Schärfeproblem, und auch Licht wird nur begrenzt gut erfasst.

Insofern bleibt für alle, die sich ein Galaxy S21 Ultra zulegen, der Tipp, die Automatismen zu ignorieren und am Abend generell auf den Nachtmodus zu wechseln. Damit dauert die Aufnahme zwar etwas länger, der Unterschied in der Bildqualität ist aber signifikant. Und wenn man schon dabei ist, kann man auch gleich die "Fokusoptimierung" abdrehen, die ebenfalls in das Bestreben, vernünftige Fotos zu machen, pfuscht, aber dazu mehr im Originaltest.

Ein Schnappschuss mit Standardeinstellungen am Abend wird einfach nicht gut.
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Der Nachtmodus hilft deutlich.
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Vergleicht man dies mit derselben Aufnahme mit dem Pixel 5 – und dessen mittlerweile mehrere Jahre alten Sensor –, bleibt schon die Frage offen, warum hier das S21 Ultra seine Stärken nicht besser ausspielt.
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Gilt dieser Rat schon für die Hauptkamera, für Tele- und Ultraweitwinkel gilt er noch stärker. Ultraweitwinkelbilder ohne Nachtmodus sind im Testverlauf am Abend weitgehend unbrauchbar geworden, so stark sind hier dann die erwähnten weichgezeichneten Flächen. Auch die 3x-Telekamera profitiert stark vom Nachtmodus – also zumindest, wenn sie überhaupt aktiv ist. Denn zumeist werden am Abend die Telekameras ohnehin nicht verwendet, da sie aufgrund der Optik zu wenig Licht erhalten. Schlägt dann der digitale Zoom von Samsung zu, fallen die Aufnahmen dann wieder eher durchschnittlich aus im Vergleich zur Konkurrenz.

Jetzt könnte man natürlich sagen: Alles kein Problem, solange man alles selbst einstellt, wie man es haben will. Mal abgesehen davon, dass dies an der eigentlichen Ursache der Probleme noch immer nichts ändern würde, ginge das aber am Thema vorbei. Denn Voreinstellungen sind nun mal wichtig. Sie sind jener Modus, in dem die allermeisten Nutzer Aufnahmen schießen. Dass der Nachtmodus im Kamera-UI etwas mühsam zu erreichen ist, hilft auch nicht gerade, schnell mal einen Schnappschuss zu tätigen.

Auch bei vielen weiteren Versuchen werden Katzenfotos nicht viel besser. Die Farben sind sehr kräftig, aber die vielen kleinen Haare machen dem Samsung-Processing keine Freude.
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Bei derselben Aufnahme mit dem Pixel 5 wirken die Haare erheblich natürlicher – auch wenn die Katze nicht mehr so lieb schaut.
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Fazit

Viele Worte, aber was heißt das jetzt in der Gesamtbetrachtung? In Summe fällt die Bewertung der Kamera des Galaxy S21 Ultra im Nachtest doch eine Stufe besser aus als beim ersten Blick darauf. Das liegt nicht zuletzt an der hervorragenden Performance bei starken Lichtverhältnissen, zum Teil dürfte es beim ersten Testgerät aber auch wirklich gewisse Schwächen gegeben haben, die sich jetzt nicht mehr ganz so stark zeigen. Oder aber das Wetter – etwa die Luftfeuchtigkeit – macht auch hier einen Unterschied. Oder es war das letzte Software-Update. Letztgültig lässt sich das nicht sagen. Ist im Endeffekt aber auch nebensächlich.

Denn all das ändert wenig daran, dass sich doch bei einigen Aufnahmen – eben bei schwachem Licht – weitere verblüffende Schwächen zeigen, die andere aktuelle Smartphones so nicht aufweisen. Gerade der Umstand, dass hier das Note 20 Ultra besser abschneidet, legt nahe, dass Samsung noch Arbeit vor sich hat. Zumindest hilft es als Ausweg meist, den Nachtmodus manuell zu aktivieren, man kann sich also selbst zu einem Teil behelfen.

Vor allem aber: Betrachtet man das Gesamtpaket, sind die Kameraqualitäten des Galaxy S21 Ultra durchaus stark. Gerade die Tele- und Ultraweitwinkelkameras gefallen mit ihrer – zumindest tagsüber – sehr guten Bildqualität. Trotzdem bliebe zu hoffen, dass Samsung die oben erwähnten Schwächen bei der eigentlichen Bildqualität ausbessern würde – dann wäre die Empfehlung eine uneingeschränkte. So verbleibt aber auch beim zweiten Durchlauf ein gewisses Aber. (Andreas Proschofsky, 5.2.2021)