Demonstranten vor dem Gerichtsgebäude in Antwerpen.

Foto: APA / AFP / Dirk Waem

Ein Gericht im belgischen Antwerpen hat am Donnerstag einen iranischen Diplomaten wegen versuchten Mordes und Terrorismus zur Höchststrafe, zwanzig Jahre Haft, verurteilt. A. A., der wahrscheinlich Berufung einlegen wird, war als Botschaftsrat an der iranischen Botschaft in Wien akkreditiert, als er nach Ansicht des Gerichts im Juni 2018 eine Bombe im diplomatischen Gepäck auf einem AUA-Flug von Teheran nach Wien und von dort weiter nach Luxemburg brachte – DER STANDARD hat den Fall genau nachgezeichnet.

In einem Restaurant in Luxemburg habe er demnach ein halbes Kilo Sprengstoff plus Zünder seinen Komplizen, einem Paar mit belgisch-iranischer Doppelstaatsbürgerschaft, übergeben. Die beiden wurden später auf dem Weg zum Kongress des Nationalen Widerstandsrats im Iran (NWRI) verhaftet, bei dem die Bombe zur Explosion gebracht werden sollte. Das Oppositionellentreffen mit 20.000 Teilnehmern und prominenten Gästen wie etwa Donald Trumps Anwalt Rudy Giuliani oder dem früheren US-Repräsentantenhaussprecher Newt Gingrich fand am 30. Juni in Villepinte bei Paris statt.

A. wurde in Bayern verhaftet, wo er sich von Luxemburg kommend mit seiner Familie aufhielt. Die diplomatische Immunität, die Teheran für ihren Botschaftsmitarbeiter beansprucht, galt nur für Österreich.

Lob von Maryam Rajavi

Neben der Haftstrafe wurden in Antwerpen drei weitere ausgesprochen, 15 beziehungsweise 18 Jahre für das Paar, das auch seine belgische Staatsbürgerschaft verlor, und 17 Jahre Haft für einen weiteren Iraner, der die beiden nach Villepinte fahren sollte. Die Präsidentin des Widerstandsrates, Maryam Rajavi, begrüßte die Urteile, sie seien ein schwerer Schlag gegen das iranische Regime, von dem der Befehl zum Anschlag gekommen sei. Rajavi forderte die EU-Staaten auf, ihre Botschafter aus Teheran zurückzuziehen.

Der NRWI ist der politische Arm der iranischen Volksmujahedin (MEK), die in der EU bis 2009 und in den USA bis 2012 auf der Terrorliste standen. Viele iranische Oppositionelle stehen der Gruppierung kritisch gegenüber. Die MEK waren der islamischen Revolution im Iran 1979 positiv gegenübergestanden, hatten sich aber mit dem sich etablierenden Khomeini-Regime überworfen.

Iran dementiert

Die Richter betonten zwar, dass nicht der Iran vor dem Gericht stehe, stellten aber fest, dass die Beschuldigten Teil von Geheimdienstoperationen gegen den NRWI gewesen seien. A. erschien am Donnerstag nicht vor Gericht. Der Iran hat die Vorwürfe wiederholt zurückgewiesen und spricht von einer "False Flag"-Operation. Es gab bereits vor Prozessbeginn iranische Versuche, den Diplomaten auf dem Weg über einen Gefangenenaustausch freizubekommen. Genannt wurde in diesem Zusammenhang der schwedisch-iranische Doppelstaatsbürger Ahmedreza Djalali, mit dessen Hinrichtung wegen Spionage für Israel gedroht wurde. Der Iran holt auf diese Art und Weise immer wieder im Ausland festgehaltene Staatsbürger heim, auch mit den USA fanden solche Austausche statt.

Das Verhältnis zwischen Teheran und der EU wird mit dem Urteil – beziehungsweise mit der gerichtlichen Bescheinigung, dass mithilfe eines iranischen Diplomaten ein Attentat auf EU-Boden vorbereitet wurde – weiter belastet. Vor zwei Tagen hatte der iranische Außenminister Mohammed Javad Zarif vorgeschlagen, die EU, namentlich der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell, könnte die Versuche der USA und des Iran "koordinieren", zum Wiener Atomdeal von 2015 zurückzukehren.

Die USA haben den JCPOA (Joint Comprehensive Plan of Action) unter Donald Trump 2018 verlassen, und der Iran hat ihn seither substanziell verletzt. US-Präsident Joe Biden hat prinzipiell vor, das Atomabkommen wiederzubeleben, aber nicht um jeden Preis. (Gudrun Harrer, 4.2.2021)