Eigenständige Zeitungen seien die Kaufversion "Österreich" und die Gratisvariante "Oe24", sagt die Fellner-Gruppe. Die Medienbehörde sah das anders. Hier Seiten aus der Dienstagausgabe.

Repros: Fidler

Eine halbe Million Euro hat die Mediengruppe um die Zeitungsmarken Österreich und Oe24 eingeklagt.

Die Mediengruppe der Familie Fellner findet, ihre Zeitungsmarke Österreich habe Anspruch auf Presseförderung. Die Medienbehörde Komm Austria hat ihre Anträge 2020 abgelehnt. Die Fellner-Gruppe hat dagegen Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt, die Republik (auf Feststellung und Schadenersatz) geklagt – und Mitglieder des Beirats für die Presseförderung.

Worum geht es? Presseförderung geht bisher laut Gesetz nur an Zeitungen, die mehr Exemplare verkaufen als verschenken. Frühere Anträge von Österreich auf Presseförderung lehnte die Medienbehörde ab, weil der größte Teil der Auflage kostenlos aufgelegt wurde.

Zwei Marken

Die Fellner-Gruppe reagierte 2018 und machte aus einer Zeitungsmarke zwei: Seit Ende Juni 2018 nennt sich die Kaufvariante weiterhin Österreich, die Gratisvariante Oe24 wie das Onlineportal und der TV-Sender der Gruppe.

2019 lehnte die Medienbehörde die Anträge für Österreich ab, weil die Zeitung 2018 nur rund ein halbes Jahr unter getrennten Marken erschien. 2020 beantragte die Fellner-Gruppe neuerlich Presseförderung für Österreich. Und wieder lehnte die Medienbehörde den Antrag ab.

Die Erklärung: Die Kaufvariante Österreich sei – "bis auf ein Extra-Buch und diverse Hochglanzbeilagen" – großteils ident mit der Gratisversion Oe24 (die damals noch mit Österreich untertitelt war), diese sei ihr zuzurechnen. Auch wenn die beiden Titel in zwei Kapitalgesellschaften (beide gehören laut Firmenbuch zu 100 Prozent der Mediengruppe Österreich GmbH, zudem Medieninhaber beider Titel*) erscheinen. Die Oe24 Redaktions GmbH habe laut Firmenangaben nur sechs Mitarbeiter, die für Österreich zuständige Content and Cityservice GmbH 67.

DER STANDARD

Der Befund sei unrichtig und unvertretbar, argumentiert nun die Fellner-Gruppe in ihren Klagen. Die beiden Titel seien "jeweils eigenständige journalistische Produkte".

"Bei Österreich und Oe24 handelt es sich um jeweils eigenständige journalistische Produkte" Fellner-Klage gegen Förderempfehlung

Bei der Finanzprokuratur, quasi Anwalt der Republik, bestätigt man auf STANDARD-Anfrage die Klage der Fellner-Gruppe. Eine Sprecherin des Landesgerichts für Zivilrechtssachen bestätigt das Verfahren und Forderungen in der Höhe von rund 500.000 Euro. Im März ist eine erste Verhandlung angesetzt.

Ungewöhnlich ist, dass die Fellner-Gruppe auch vier der sieben Mitglieder der Presseförderungskommission persönlich geklagt hat, auf Feststellung über 31.000 Euro. Diese Klage hat, anders als die anderen in der Sache, die Kanzlei des ehemaligen Justizministers Dieter Böhmdorfer, Böhmdorfer und Schender, eingebracht. Mitglieder hätten zu Unrecht empfohlen, Österreich nicht zu fördern.

Je zwei Mitglieder der Kommission nominieren Bundeskanzleramt, Kaufzeitungsverband VÖZ und Journalistengewerkschaft. Der Vorsitzende, ein Rechtsanwalt in Pension, war als Jurist für Förderung, weil die Zeitungsmarken in zwei verschiedenen Kapitalgesellschaften erscheinen. Die Vertreter des Kanzleramts enthielten sich. Die vier übrigen empfahlen keine Förderung – und wurden, wie mehrere Mitglieder bestätigen, geklagt. Auch einer, der nicht an der Sitzung teilnahm und seine Stimme delegierte.

"Versuch, Druck auszuüben, um gegen eine Behörde zu Fördergeld zu kommen." Fritz Wendl, geklagtes Kommissionsmitglied

Die Mitglieder betonen ihre beratende Tätigkeit, verteidigen die Empfehlung als sachlich und rechtlich richtig und vertretbar, verweisen auf eine Vorbegutachtung der Medienbehörde zu großteils identen Inhalten und darauf, dass allein die Behörde weisungsfrei vergebe.

"Völlig substanzlos"

"Völlig substanzlos" nennt Kommissionsmitglied Fritz Wendl, entsandt von der Journalistengewerkschaft, die Klage auf STANDARD-Anfrage. Sie sei aber "überaus bemerkenswert als Versuch, Druck auszuüben, um gegen die Entscheidung einer Behörde und eine Kommission unabhängiger Experten zu Fördergeld zu kommen. Sollte so etwas funktionieren, wäre das gesamte Förderwesen infrage gestellt."

Österreich beantragte 2020 Presse-Vertriebsförderung (geht an alle Kaufzeitungen) und besondere Förderung der regionalen Vielfalt für nicht marktbeherrschende Zeitungen. Die besondere Förderung erhielten (auch) 2020 Die Presse, DER STANDARD, Volksblatt und Neue Vorarlberger Tageszeitung.

Österreich und Oe24 erhielten 2020 Corona-Sonderpresseförderung. Oe24TV war auch 2020 höchstgeförderter Privatsender. Die geplante Digitalförderung für Medien ist nicht an den Zeitungsverkauf geknüpft. (Harald Fidler, 5.2.2021)