Andrés Arauz gilt als Statthalter von Expräsident Rafael Correa und führt in Umfragen derzeit deutlich.

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Wenn am Sonntag die Ecuadorianerinnen und Ecuadorianer an die Wahlurnen gehen, sind politische Beobachter vor allem auf eines fixiert: Gelingt Lateinamerikas Linken nach Argentinien und Bolivien ein weiteres Comeback? Umfragen zufolge ist dies das wahrscheinlichste Szenario. Denn an der Spitze liegt der 35-jährige Senkrechtstarter Andrés Arauz, der als Statthalter von Expräsident Rafael Correa gilt.

Dieser lebt im belgischen Exil und wurde zu acht Jahren Haft wegen Bestechlichkeit und illegaler Parteienfinanzierung verurteilt. Das vereitelte seinen Plan, als Vize von Arauz anzutreten. Ausgemacht ist der Sieg des bis vor kurzem weitgehend unbekannten Ökonomen aber nicht, wie die Meinungsforscher zu bedenken geben. Ein Drittel der Befragten sind unentschieden.

Moreno kandidiert nicht

In Ecuador herrscht Wahlpflicht. Kommt es zu einer Stichwahl im April, könnten sich die Anti-Correa-Kräfte zusammenschließen und einem gegnerischen Kandidaten zum Sieg verhelfen. Die besten Chancen hätte dabei wohl der liberale Unternehmer Guillermo Lasso, der zum dritten Mal antritt. Der indigene Kandidat Yaku Pérez liegt mit einem klaren Bekenntnis zum Umweltschutz auf Rang drei.

Der amtierende Staatschef Lenín Moreno hat auf eine neuerliche Kandidatur verzichtet. Sie wäre wohl auch aussichtslos gewesen; Umfragen zufolge liegt seine Popularität bei sieben Prozent. Moreno, der einst Vizepräsident Correas und von ihm unterstützt worden war, ist äußerst unpopulär. Er hatte nach seinem Wahlsieg mit seinem Mentor gebrochen und einen Rechtsschwenk vollzogen.

Correa hatte das Land stark verschuldet, Moreno stoppte teure Prestigeprojekte, verfolgte zahlreiche korrupte Funktionäre Correas. Er paktierte auch ein Hilfspaket mit dem Weltwährungsfonds (IWF). Die Kredite waren verbunden mit einem Sparpaket und Benzinpreiserhöhungen, die die Bevölkerung gegen die Regierung aufbrachten.

Armut weit verbreitet

Sein katastrophales Pandemiemanagement stürzte das Land noch tiefer in die Rezession und krönte seine glücklose Amtszeit. Mittlerweile gelten 38 Prozent der Ecuadorianer als arm. "Das Gesundheitssystem ist den Bach runtergegangen. Meine Pension kommt nicht mehr pünktlich, daher werde ich für Arauz stimmen, denn unter Correa war alles besser", sagt etwa die 67-jährige Maria Acosta. Arauz’ Kampagne lebt vom Versprechen, Bedürftigen 1.000 Dollar zu schenken.

Correas zehnjährige Amtszeit hatte dem Land politische Stabilität und dank der hohen Preise für Rohstoffe wirtschaftliches Wachstum und populistische Sozialprogramme gebracht. Doch zugleich regierte Correa autoritär. Dies und die Korruption unter Correa bieten Lasso Angriffsfläche. Der 65-jährige Opus-Dei-Anhänger präsentiert sich als wirtschaftsfreundlich und kompetent, predigt einen schlanken Staat.

Die einflussreiche indigene Bewegung unterstützt Pérez, der unter anderem ein Referendum zum Verbot von Bergbau abhalten, Steuern für Wohlhabende erhöhen will. Egal, wer gewinnt, das Regieren wird voraussichtlich ziemlich schwer mit einem zersplitterten Kongress. Gut denkbar also, dass dem Land auch die lateinamerikanische Welle von Bürgerprotesten – wie in Chile und Peru – später nicht erspart bleibt. (Sandra Weiss, 6.2.2021)