Foto: Natalie Frese et al./Beilstein J. Nanotechnol.

Forschern der Universität Bielefeld ist es erstmals gelungen, das Coronavirus SARS-CoV-2 mit einem Heliumionen-Mikroskop abzubilden. Im Unterschied zur herkömmlichen Elektronenmikroskopie müssen die Proben bei der Heliumionen-Mikroskopie nicht mit einer dünnen Metallschicht überzogen werden. Dadurch lassen sich Interaktionen zwischen den Coronaviren und ihrer Wirtszelle besonders gut beobachten.

Ihre Ergebnisse, die in Kooperation mit Forschenden der Justus-Liebig-Universität Gießen und des Klinikums Bielefeld entstanden sind, haben die Wissenschaft im Fachmagazin "Beilstein Journal of Nanotechnology" veröffentlicht. "Die Studie zeigt, dass das Heliumionen-Mikroskop geeignet ist, um Coronaviren abzubilden – und zwar so genau, dass sich das Zusammenspiel von Viren und Wirtszelle beobachten lässt", sagt die Erstautorin Natalie Frese.

Mithilfe der Heliumionen-Mikroskopie lassen sich die winzigen Corona-Viren sichtbar machen.
Foto: Natalie Frese et al./Beilstein J. Nanotechnol.

Beschichtete Viren

Coronaviren sind winzig klein – im Durchmesser nur etwa 100 Nanometer, also 100 Milliardstel Meter. Mit dem Virus infizierte Zellen wurden bisher vor allem mit Rasterelektronenmikroskopen untersucht. Dabei rastert ein Elektronenstrahl die Zelle ab und liefert ein Bild der Oberflächenstruktur der mit Viren besetzten Zelle. Rasterelektronenmikroskope haben jedoch einen Nachteil: Die Probe lädt sich während des Mikroskopievorgangs elektrostatisch auf. Weil die Ladungen bei nichtleitenden Proben, zum Beispiel Viren oder anderen biologischen Organismen, nicht abtransportiert werden, müssen die Proben mit einer elektrisch leitfähigen Beschichtung, etwa einer dünnen Goldschicht, überzogen werden.

"Diese leitende Schicht verändert allerdings auch die Oberflächenstruktur der Probe. Die Heliumionen-Mikroskopie benötigt keine Beschichtung und erlaubt daher ein direktes Abtasten", sagt Armin Gölzhäuser von der Fakultät für Physik und Leiter der Arbeitsgruppe "Physik supramolekularer Systeme und Oberflächen". Beim Heliumionen-Mikroskop rastert ein Strahl aus Heliumionen die Oberfläche der Probe ab. Heliumionen sind Heliumatome, denen jeweils ein Elektron fehlt – sie sind also positiv geladen. Der Ionenstrahl lädt die Probe ebenfalls elektrostatisch auf, dies kann jedoch ausgeglichen werden, indem die Probe zusätzlich mit Elektronen bestrahlt wird. Zudem besitzt das Heliumionen-Mikroskop eine höhere Auflösung und eine größere Schärfentiefe.

Heranzoomen an das Coronavirus: Während einige der Viruspartikel nur auf der Zelle aufliegen (Pfeile), haben sich andere mit der Zelloberfläche verbunden (Dreiecke).
Foto: Natalie Frese et al./Beilstein J. Nanotechnol.

Direkter Blick auf die Virenoberfläche

In ihrer Studie haben die Wissenschafter Zellen, die künstlich aus dem Nierengewebe einer Affenart gewonnen werden, mit SARS-CoV-2 infiziert und im toten Zustand mikroskopiert. "Unsere Aufnahmen ermöglichen einen direkten Blick auf die 3D-Oberfläche der Coronaviren und der Nierenzelle – mit einer Auflösung im Bereich weniger Nanometer", sagt Frese. Dadurch konnten die Forscher Interaktionen zwischen den Viren und der Nierenzelle sichtbar machen.

Ihre Studienergebnisse weisen etwa darauf hin, dass sich mit dem Heliumionen-Mikroskop beobachten lässt, ob einzelne Coronaviren nur auf der Zelle aufliegen oder an sie gebunden sind. Das ist wichtig, um Abwehrstrategien gegen das Virus zu verstehen: Eine infizierte Zelle kann die Viren, die sich in ihrem Inneren bereits vermehrt haben, beim Austritt an ihre Zellmembran binden und so verhindern, dass sie sich weiter ausbreiten. (red, 5.2.2021)