Wie lange auch immer diese Regierung weiterwurstelt, mit seiner Regierungskunst, oder mit dem, was er darunter versteht, ist Sebastian Kurz am Ende. Die Wirtschaft stürzt ab, die Gesundheitspolitik ist ein Chaos, die Sicherheitspolitik ein tragischer Witz. Wie viele von ihm persönlich handverlesene Regierungsmitglieder er wegen erschummelter Titel durch – wie peinlich! – Fachleute ersetzen muss, bleibt noch offen. Nach dem ersten, heißgeliebten Koalitionspartner ist er dabei, nun den zweiten zu verheizen, ohne dass dahinter ein Konzept zu erkennen wäre. Und es ist nicht die Verfassung, die ihn daran gehindert hat, alles besser zu machen. Es ist prinzipiell diese Arroganz zu glauben, angemaßte Regierungserfahrung ließe sich dauerhaft durch mediale Kontrolle ausgleichen, und aktuell der Spagat, für freiheitliche Wähler weiter wählbar und dem grünen Koalitionspartner noch eine Weile zumutbar zu bleiben.

Die gnadenlose Flüchtlings- und Abschiebepolitik, exekutiert von einem Betroffenheitsminister Nehammer, der seine Ministerverantwortlichkeit in der gewohnten Hörigkeit an den Bundeskanzler delegiert, ist sogar in der eigenen Partei auf den Widerspruch gestoßen, der als fernes Echo schließlich den Koalitionspartner aus dem Dornröschenschlaf im Grünen erweckt hat. Nur sanft, hieß es doch zunächst: kein Grund, die Koalition zu verlassen. Aber wenn einmal in der Wolle gefärbte Schwarze ihrer Partei gram werden, erwachen sogar Grüne.

Terroristischer Stallgeruch

Österreich hängt nicht an dieser Koalition. Schlimmer ist, dass sich im Gefolge der Corona-Pandemie und ihrer Behandlung durch die Regierung die Ausbreitung einer zweiten abzeichnet, in deren Gefolge sich Neonazis als Freiheitskämpfer empfehlen und mit dieser Umwertung aller demokratischen Werte in der FPÖ dankbare, ja begeisterte Verbreiter dieses Virus finden. Als Corona-Gewinnler sehen deren Funktionäre eine Chance, bei jenem Teil des Volkes, der sich mit dem Aluhut vor wissenschaftlichen Fakten schützt, die Scharte Ibiza auszuwetzen und wenigstens an einen Teil der alten Klientel wieder heranzukommen.

Es ist ja nicht einer der "ganz normalen Bürger", der sich per Judenstern in ein österreichisches Auschwitz fantasiert, es ist nur der gewesene Innenminister von Gnaden des gegenwärtigen Bundeskanzlers, der sich zur Galionsfigur einer neuen Freiheitsbewegung hochstilisieren möchte, die keine Scheu hat, ihre "Spaziergänge" in Gesellschaft von Rechtsextremisten und deklarierten Neonazis zu absolvieren. Anfangs konnte man das vielleicht noch als Naivität durchgehen lassen, inzwischen darf diese Ausrede nicht mehr gelten. Organisierte Autobusfahren deuten kaum auf spontanen Protest hin, und die Anregung, Politiker "zu Hause" zu besuchen, hat terroristischen Stallgeruch.

Womit man wieder bei der Regierung und einem Innenminister ist, der sein Amt nicht im Griff hat. Eine Polizei, die verbotene Aufmärsche von Corona-Leugnern zutraulich begleitet, antifaschistischen Gegendemonstranten aber eher als körpernaher Dienstleister entgegentritt, erweist der Demokratie einen schlechten Dienst. Natürlich gäbe es auch noch die Brodnig-Therapie. Sie hat nur leider, wie die Geschichte lehrt, bei Leuten wie Kickl nie funktioniert. (Günter Traxler, 5.2.2021)