Innerhalb weniger Tage wurden in Kärnten/Koroška zahlreiche zweisprachige Ortstafeln von Unbekannten beschmiert. Damit wollten sich die Verantwortlichen der slowenischen Ortsbezeichnungen entledigen, die durch den Österreichischen Staatsvertrag der Minderheit verpflichtend zustehen. In Bleiburg/Pliberk, Eberndorf/Dobrla vas und Tutzach/Tuce wurde somit erneut versucht, die slowenische Sprache gewaltvoll aus dem öffentlichen Raum zu entfernen.

Diese Aktion kann nicht als extremistische Einzeltat betrachtet werden. Damit würde man den Hass, dem die Minderheit bereits über ein Jahrhundert lang ausgesetzt ist, verschleiern. Dieser wurde und wird nach wie vor auch systematisch und institutionell geschürt. Die tief verwurzelte Slowenophobie zeigte sich beispielhaft 2020 in Sittersdorf/Žitara vas, wo man ein Schandmal für den Nationalsozialisten Hans Steinacher errichtete. Das Scheitern der Aufarbeitung der Kärntner Geschichte ist eine Schmach. Der Mehrheitsbevölkerung fehlt das Bewusstsein für ihre Verpflichtung Minderheiten zu schützen. Egal ob sie Parteipolitik entstammen, oder andere Formen tragen, die momentanen Ereignisse reihen sich in eine erschütternd lange Tradition slowenophober Anschläge ein.

In Eberndorf oder Buchbrunn wurden im Jänner zweisprachige Ortstafeln beschmiert.
Foto: LPD Kärnten

Weiterhin kriminialisiert

Heuchlerisch erscheint die Unterscheidung zwischen der jetzigen Schmieraktion und jenen, bei denen der slowenische Schriftzug auf die Klagenfurter Ortstafeln geschrieben wurde oder auch jener, bei der die Stätte der Kärntner „Einheit“ beschmiert wurde. Ein Aufschrei folgte, als slowenische Aufschriften hinzugefügt wurden. Empörung, als Denkmäler, die das nationalistische Deutschtum in Kärnten/Koroška manifestieren, beschmiert wurden. Wenn jedoch slowenische Ortsnamen ausgelöscht werden, bleibt im öffentlichen Diskurs die angemessene Entrüstung aus.

Fragwürdig ist, dass von kärntner-slowenischen Organisationen verlangt wird, sich von Beschmierungen der „Stätte der Kärntner Einheit“ zu distanzieren. Die slowenische Minderheit wird weiterhin kriminalisiert und ohne jeglichen Beweis aufgefordert sich zu rechtfertigen. Das ist Schikane. Wo bleiben die Aufforderungen an Deutsche Traditions- und Heimatverbände, sich von deutschnationalistischen Angriffen auf die zweite Landessprache zu distanzieren?

Hinzufügen und Auslöschen

Wir möchten auch auf den grundsätzlich unterschiedlichen Charakter dieser Taten hinweisen. Die sogenannten „Extremistinnen und Extremisten“ sind nicht in einen Topf zu werfen. Ohne Sachbeschädigungen zu befürworten, soll zuerst die Aktionsform betrachtet werden. Die eine vollzieht den Modus des Dazu-Gebens. Eine Leerstelle auszufüllen. Einen fehlenden Namen einzutragen bedeutet eine Bereicherung. Das Hinzufügen des fehlenden slowenischen Namens, macht Sprachen sichtbar und stellt sie gleich. Es wird kein Ausschluss vollzogen. Andererseits verneint das Ausradieren eines slowenischen Namens die oben genannte Gleichberechtigung. Wird die Sichtbarkeit einer Sprache im öffentlichen Raum gewaltvoll ausgelöscht, so wird die Existenz einer Gemeinschaft nicht respektiert. Dadurch beschmiert man die Repräsentation einer Gruppe und macht sie damit unsichtbar.

Der Unterschied zwischen dem Hinzufügen und dem Auslöschen ist klar. Unverständlich erscheint, dass beide Handlungen lediglich zur Sachbeschädigung erklärt wurden, ohne den politischen Kontext der Aktionen mitzudenken. Den Vorfall ausschließlich als „Sachbeschädigung“ zu behandeln, erscheint als Vorwand, um den politischen und antislowenischen Gehalt der Aktionen zu relativieren.

Grundpfeiler solcher lang gehegter Ressentiments sind Deutsche Traditions- und Heimatverbände. Diese können noch so oft ihre Verwunderung über die Geschehnisse öffentlich ausdrücken, es ist nicht zu übersehen, dass die neuen und alten Denkmäler der „Kärntner Einheit“ die gleiche, der Minderheit feindliche, Ideologie reproduzieren. Es wird tatsächlich versucht, rein deutsch gestaltete Denkmäler als „gute Geste“ für ein friedliches Miteinander zu verkaufen. Dabei fehlt jeder Bezug zur slowenischen Minderheit. Fraglich ist, welche „Einheit“ hier beschworen wird: die zwischen der deutschen und kärntner-slowenischen Bevölkerung ist es offensichtlich nicht. (Simon Urban, 11.2.2021)

Weitere Beiträge im Blog