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Chrome ist um eine populäre Erweiterung ärmer – allerdings aus guten Gründen.

Foto: AP

Erweiterungen sind eine nützliche Angelegenheit: Über sie kann man einem Browser Dinge beibringen, die er von Haus aus nicht beherrscht, und so den eigenen Internetalltag vereinfachen. Dass damit ein nicht zu unterschätzendes Risiko für Sicherheit und Privatsphäre einhergeht, wird hingegen gerne übersehen. Immerhin gibt man dem jeweiligen Hersteller oftmals einen recht weitreichenden Einblick in die eigenen Webaktivitäten. Insofern ist das Vertrauen in die gewählten Erweiterungen – und deren Hersteller – besonders wichtig. Wie schwer es für die Nutzer in der Praxis ist, das alles zu durchschauen, zeigt nun ein aktueller Vorfall.

Ausschalten

Google greift gegen eine der populärsten Chrome-Erweiterungen durch: "The Great Suspender" wurde nicht nur aus dem Chrome Web Store entfernt, das Unternehmen hat die Software auch von außen bei sämtlichen Usern deaktiviert. Ein gleichermaßen radikaler wie ungewöhnlicher Schritt, für den das Unternehmen aber zumindest eine gute Begründung liefern kann: Es handle sich bei der Erweiterung mittlerweile nämlich um Schadsoftware.

Nähere Details nennt das Unternehmen zwar nicht, allerdings hatte "The Register" bereits vor einigen Wochen in einem Artikel vor "The Great Suspender" gewarnt. Der Grund dafür: Die Erweiterung hat – von den Nutzern unbemerkt – im November den Besitzer gewechselt. Und der hat recht schnell für die rund zwei Millionen Nutzer sehr unerfreuliche Änderungen vorgenommen. So werden seitdem offenbar die Internetaktivitäten der User ausspioniert, zudem hieß es aber schon damals, dass die Erweiterungen Spuren in Richtung Schadsoftware und Crypto-Mining aufweise.

Notbremse

Zu diesem Schluss scheint man nun auch bei Google gekommen sein und zieht entsprechend die Notbremse. Aus einer Sicherheitsperspektive ist dieser Schritt also nachvollziehbar, die Nutzer lässt dies hingegen in einer unerfreulichen Situation zurück. Immerhin ist damit nicht nur die Erweiterung weg, auch die davon verwalteten Tabs sind verloren. Wer diese wieder haben will, muss nun den Chrome-Verlauf durchstöbern und sie einzeln heraussuchen.

Hintergrund

The Great Suspender fand sich über die Jahre in zahlreichen Empfehlungslisten für die besten Chrome-Erweiterungen. Immerhin kann er den immer wieder kritisierten Ressourcenverbrauch des Browsers reduzieren. Dazu werden länger im Hintergrund ungenutzt laufende Tabs eingefroren und erst bei Bedarf wieder aufgeweckt.

Es ist nicht das erste Mal, dass eine populäre Browser-Erweiterung nach einem Verkauf schädliches Verhalten an den Tag legt. Insofern zeigt sich hier auch ein strukturelles Problem, gegen das Google und andere Browser-Hersteller stärker durchgreifen müssten. Die Entwicklung einer solchen Erweiterung kostet oft viel Zeit, insofern ist es für deren Betreiber oftmals verlockend, sie gewinnbringend zu verkaufen, wenn sie das Interesse daran verlieren. Die Kombination aus einer großen Nutzerbasis mit dem tiefgreifenden Einblick in die Internetaktivitäten der User zieht aber dann natürlich viele Interessenten mit zweifelhaften Absichten an. Auch diverse Policy-Änderungen rund um den Chrome Web Store haben daran bisher nichts geändert. (Andreas Proschofsky, 5.2.2021)