Wissenschaftliches Schreiben kann gelernt werden. Durch die Masterarbeit der ehemaligen Arbeitsministerin Christine Aschbacher und ihren dadurch verursachten Rücktritt ist das wissenschaftliche Arbeiten an FHs in den Fokus gerückt. "Wissenschaftliches Schreiben ist wissenschaftliches Schreiben. Egal ob man die Arbeit an einer FH oder an einer Uni schreibt", sagt Barbara Bittner, Rektorin der FH Campus Wien. So wie bei den Studienprogrammen an FHs die Praxisnähe ein bedeutender Faktor für die Zulassung ist, sei auch die Forschungsfrage, die Studierende in Bachelor- oder Masterarbeit an Fachhochschulen behandeln, häufig für die Praxis relevanter.

Rund 120 Seiten umfasst eine Masterarbeit. Diese inhaltlich relevant zu füllen braucht Zeit. Der Verlockung, seitenweise aus dem Internet zu kopieren, können manche nicht widerstehen.
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Eine gute Masterarbeit liegt für Andrea Hoyer-Neuhold, Forscherin am Zentrum für Sozialforschung und Wissenschaftsdidaktik (ZSW) in Wien, dann vor, wenn eine präzise, machbare Fragestellung mit wissenschaftlichen Methoden und nach wissenschaftlichen Kriterien bearbeitet werde. Dabei gebe es keinen Unterschied, ob diese Arbeit an einer FH oder an einer Uni verfasst werde. Die Methoden können ganz unterschiedlich sein. "In einer Masterarbeit sollen Studierende zeigen, dass sie mit Theorie und Methoden kompetent umgehen und eigenständig argumentieren können", sagt Hoyer-Neuhold. "Wer nur Zitate aneinanderreiht, also nur andere sprechen lässt, erfüllt diesen Anspruch aber nicht", ergänzt sie.

Die österreichischen Hochschulen sind Teil des Europäischen Hochschulraums (EHEA), für den es einen Qualifikationsrahmen (QF-EHEA) für die unterschiedlichen akademischen Grade (Bachelor, Master, PhD) gibt, unabhängig ob dieser an einer Universität oder an einer Fachhochschule erlangt wurde. "Wissenschaftliche Arbeiten müssen diesem Qualifikationsrahmen entsprechen, egal ob sie von FH- oder Uni-Studierenden geschrieben werden", unterstreicht auch Hoyer-Neuhold.

Vorreiter bei Vorbereitung

Ganz generell seien Fachhochschulen aber Vorreiter bei der Vorbereitung ihrer Studierenden für wissenschaftliches Schreiben. Dort gebe es häufig schon im ersten Semester Lehrveranstaltungen für wissenschaftliches Arbeiten, Bibliotheksführungen und Quellenrecherche. An Unis war das lange Zeit Learning by Doing, mittlerweile würden aber auch Unis verstärkt Unterstützung für wissenschaftliches Arbeiten anbieten, so Hoyer-Neuhold. Um Übung im Formulieren zu bekommen, gibt es an Fachhochschulen auch Schreibzentren und Coaching.

An der FH Campus Wien gibt es ein solches Zentrum, das Workshops sowohl für Studierende als auch für Lehrende kostenlos anbietet. Die Nachfrage sei generell hoch, sagt Bittner. "Eine gute wissenschaftliche Arbeit braucht aber auch eine gute Zusammenarbeit mit dem Betreuer und konstruktives Feedback", so Bittner weiter. Wenn ein Lehrender aber zehn bis 15 Masterarbeiten im Semester betreut, sei es schwierig, individuelles Feedback zu geben, ergänzt Hoyer-Neuhold. Hier stelle sich auch die Frage, wie viel die Betreuung der Hochschule wert sei. Bei hauptberuflich Lehrenden läuft die Betreuung oft nebenbei und wird nicht extra vergütet.

Für die Beurteilung gebe es an Hochschulen ein Kriterienraster mit inhaltlichen, methodischen und formalen Punkten. "Aber Menschen sind keine geeichten Maschinen", so Hoyer-Neuhold. Wenn verschiedene Beurteiler den gleichen Text beurteilen, seien unterschiedliche Ergebnisse nicht ganz auszuschließen trotz vorgegebenen oder gemeinsamen Bewertungsrasters.

Berufsbegleitend schreiben

Das Verfassen einer Abschlussarbeit braucht aber auch Zeit. An den FHs ist dafür das letzte Semester vorgesehen. Aber gerade für berufsbegleitend Studierende sei das oft kaum machbar. "Da gibt es an der FH die Möglichkeit, bis zu zwei Toleranzsemester dranzuhängen, aber aus Erfahrung weiß ich, dass es auch nicht zu lange dauern soll." Der richtige Umfang der Forschungsfrage und ein gutes Exposé seien dabei aber schon die halbe Miete, ergänzt Bittner.

Die fertige Masterarbeit werde dann noch der Plagiatsprüfung unterzogen, kommt es dabei zu Auffälligkeiten, muss der Betreuer die Arbeit genauer prüfen. "Wer zweimal plagiiert, bei dem wird der Ausbildungsvertrag aufgelöst", sagt Bittner. Plagiate kämen an der FH Campus Wien aber selten vor. Im vergangenen Studienjahr wurden 7000 Abschlussarbeiten eingereicht, zwei davon wurden plagiiert.

An der FH Wiener Neustadt, an der Aschbacher ihr Studium absolviert hat, geht das Ermittlungsverfahren weiter. Nun sollen unabhängige Experten mit der Prüfung der Masterarbeit sowie des Gutachtens des Betreuers beauftragt werden. (Ostermann, 5.2.2021)