Seit Wochen befindet sich Österreich im Lockdown. Geschäfte, Kinos, Museen und ander kulturelle Einrichtungen sind geschlossen. Dementsprechend zeigt sich der Winter von seiner frostigsten Seite und spiegelt damit die allgemeine Stimmungslage wider. Insgesamt dauert die Pandemie nun schon ein knappes Jahr und das zehrt vielerorts an den Kräften.

Corona hat auch an meiner Fitness geknabbert: Der erbarmungslose Kampf gegen das Virus hat mir auch einen unliebsamen Zuwachs an Körperfett beschert – dem ich mithilfe eines verschärften Fitnessprogramms im Zeichen des Lockdowns zu Leibe zu rücken gedenke. Laufsport ist angesagt, und so trabe ich wie ein in die Jahre gekommener Fiakerhengst am Wiener Donaukanal entlang Richtung Augarten, dann dort eine Runde im Kreis und danach wieder zurück.

Passenderweise begegnet mir auf meiner Fitmeile manches Mal der Gesundheitsminister der Republik Österreich: Rudolf "Rudi" Anschober, der sich sympathischerweise privat in meiner Nachbarschaft angesiedelt hat. Rudi Anschober wurde kürzlich von der Wochenzeitung Falter zur Persönlichkeit des Jahres gewählt, und das aus vielerlei Gründen völlig zu Recht. Herr Anschober liebt Tiere oder zumindest Hunde und führt deshalb mit stolzgeschwellter Brust einen stattlichen Vertreter dieser Spezies (der in Schönbrunn auch gut und gern als Eisbär durchgehen würde) vor sich her.

Ein Lächeln vom Gesundheitsminister

Laut einer Internetrecherche heißt das liebe Vieh Agur und ist trotz weißlichen Fellkleids der "grünste Hund Österreichs", weil er so gern und viel Zug fährt. Ich kann Hunde und Eisbären im Allgemeinen gut leiden, allerdings scheue ich diejenigen Vertreter, die rein theoretisch groß genug wären, um mir in die Nase zu beißen. Trotz oder vielleicht dank langer Jahre der ambitionierten Ich-Analyse bin ich global gesprochen hochgradig angstneurotisch strukturiert, was sich mitunter auf kognitiv-behavioraler Ebene in einem spezifisch-tierphobischen Erleben manifestiert.

Zuwendung auf höchster politischer Ebene – Agur macht's wahr.
Heribert Corn

Nur zu gern halte ich deshalb den geforderten Abstand von mittlerweile zwei Babyelefanten zu Herrn Anschober und seinem pelzigen Gefährten ein und ernte möglicherweise gerade deshalb ein wohlwollendes Lächeln vom Gesundheitsminister. Scheu wie ein junges Reh lächle ich zurück (zum Glück ist Golden Retriever Agur maximal im Hundeführerschein ein Jagdhund) und lenke meine Schritte beseelt von so viel Zuwendung von höchster politischer Ebene weiter Richtung Augarten.

Dort angekommen, herrscht wie immer und bei jeder noch so widerwärtigen Witterung Hochbetrieb. Wenn man absolut keine Ahnung mehr hat, wo man eigentlich hingehen soll, dann geht man einfach im Kreis – wie die vielen naturverbundenen Menschen hier im Augarten.

Über all dem planlosen Herumgekreisel halten die beiden monströsen Flaktürme (ein Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg zur Abwehr von feindlichen "Aerosolen") mit stoischer Ruhe und Gelassenheit die Stellung. Der Wind bläst mir die Schneeflocken ins Gesicht, und ich komme schön langsam aus der Puste. Ab und zu ernte ich dafür als potenzieller Superspreader einen sorgenvollen Blick der mich kreuzenden Hunde- und/oder Naturliebhaber.

Harte Zeiten für Fitness-Aficionados

Ja, die Zeiten sind hart, besonders für aufstrebende Fitness-Aficionados wie mich. Möglicherweise hätte ja ein wärmender Glühwein beim Ausschank am Eingang des Augartens unser aller eisige Herzen zum Schmelzen bringen können. Ungünstigerweise fungiert die österreichische Bundesregierung zum wiederholten Mal als Spaßbremse, und die Weitergabe von Feuerwasser ist auch in den frostigsten Zeiten der Pandemie strengstens untersagt. So übt sich der Langstreckenläufer weiter in Einsamkeit plus Abstinenz und trottet auf dem kalten Trottoir weiter vor sich hin und zurück in den heimeligen Lockdown.

Wenn in der Pandemie alles vor die Hunde geht, neigen die Menschen vermehrt zur Anschaffung von Haustieren, vermutlich um ein wenig Leben in das isolierte Dasein im Homeoffice zu bringen und um sich von der trostlosen Umgebung abzulenken oder aber um einfach immer jemanden bei der Hand zu haben, der einem bis in den Untergang treu ergeben und für Zuwendung jeglicher Art meistens empfänglich ist. Die Hoffnung stirbt dabei wie immer zuletzt.

Für die vierbeinigen (oder gefiederten) Freunde bleibt dementsprechend zu hoffen, dass sie mit Beendigung der Pandemie nicht (wieder) im Tierheim landen. Auch ich habe mich dabei ertappt, über die herzerwärmende Bereicherung, bedingt durch das Zusammenleben mit einem Therapietier meiner Wahl, nachzudenken. Falls es tatsächlich dazu kommt, werde ich mir einen Kindheitstraum erfüllen und mir einen Rauhaardackel anschaffen.

Der Dachshund (im Englischen auch "sausage dog", zu Deutsch "Wursthund"; eventuell passend zum Kochtopf) ist ein aufgeweckter, lebendiger Charakter, der sich aber auch nichts gefallen lässt. Sollte ich ihn einmal verärgern, sind seine Beinchen dann aber doch zu kurz und krumm, um sich mit einem Satz meine Nase zu schnappen. Sollte ich bedingt durch die Pandemie weiter an Gewicht zulegen, brauche ich einen treuen Begleiter an meiner Seite, der ebenfalls in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist. Als möglichen Namen für meinen neuen, einstweilen noch imaginären besten Freund habe ich mir jetzt einmal "Rudi" notiert. (Human-Friedrich Unterrainer, 5.2.2021)