Ulrike Rabmer-Koller, Chefin der Rabmer Gruppe, vor einem Stapel Bauholz am Sitz des Unternehmens in Altenberg nördlich von Linz (OÖ).

Foto: alexander schwarzl

Sie hat ihr Büro dort, wo sie aufgewachsen ist – in einem 250 Jahre alten Vierkanthof in Altenberg bei Linz. Ihre Großeltern haben noch Landwirtschaft betrieben, die Eltern mit einem Lkw und Bagger 1963 die Basis für den Familienbetrieb gelegt. Ulrike Rabmer-Koller hat seit 2002 die Zügel in der Hand."Ich bin durch und durch Unternehmerin", sagt sie im Videocall.

STANDARD: Was hat Corona in Ihrem Unternehmen angerichtet?

Rabmer-Koller: Der Baubereich ist ziemlich verschont geblieben. In der Umweltsparte hat insbesondere der Bereich gelitten, wo wir Hotels als Kunden haben. Mit Wassersparprodukten haben wir aufgrund des Lockdowns weniger Umsatz gemacht. Auch internationale Projekte in diesem Bereich wurden auf Hold gesetzt. Aus den Emiraten haben wir jetzt aber erste Signale bekommen, dass es langsam wieder losgeht. In der Rohrsanierung, aber auch in der Energiegewinnung aus Abwasser und Abluft haben wir eine starke Nachfrage.

STANDARD: Wie ist es Ihnen selbst mit Corona ergangen?

Rabmer-Koller: Anfangs wusste keiner, wie sich das entwickelt. Also galt es zunächst einmal, das Unternehmen mit ausreichend Liquidität abzusichern und die Mitarbeiter zu schützen. Alle haben an einem Strang gezogen und versucht, das Beste aus der Situation zu machen. Trotz aller Herausforderungen, die es gibt, ist es auch wichtig, die Chancen zu sehen.

STANDARD: Welche denn?

Rabmer-Koller: Die in der Digitalisierung stecken, zum Beispiel. Kundengespräche finden nun über Video statt, wir machen Webinare, organisieren Onlineveranstaltungen und verkaufen verstärkt über unseren Webshop. Der persönliche Kontakt lässt sich aber nicht ersetzen. In Zukunft wird es hier sicher eine Mischung geben.

Ulrike Rabmer-Koller ist seit 2011 Alleineigentümerin der Rabmer-Gruppe, die zwei Standbeine hat: Bau und Umwelttechnik.
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STANDARD: Als eines Ihrer Hobbys haben Sie einmal Reisen genannt. Wie sehr fehlt Ihnen das?

Rabmer-Koller: Sehr, nicht nur privat, auch geschäftlich. Ich möchte den internationalen Bereich der Umwelttechnologie weiter ausbauen. Neue Kunden mittels Videokonferenz zu gewinnen geht leider nicht so gut. Auch die Betreuung von Stammkunden läuft über den persönlichen Kontakt besser.

STANDARD: Außer Virusbekämpfung scheint es derzeit nichts anderes zu geben. Die von Experten als noch weit bedrohlicher eingestufte Erderhitzung wird nicht mehr als so drängend wahrgenommen. Warum?

Rabmer-Koller: Wenn eine Bedrohung ganz nahe ist, rücken andere Szenarien, die auch bedrohlich sind, in den Hintergrund. Dennoch finde ich, dass das Bewusstsein der Menschen, wie fragil die Umwelt letztlich ist, gerade während Corona stark zugenommen hat. Es gibt viele Maßnahmen, die man setzen und damit eine Hebelwirkung für den Klimaschutz erzeugen kann. Hier kann jeder Einzelne etwas beitragen.

STANDARD:In Europa stehen 750Milliarden Euro für die Konjunkturankurbelung in der Nach-Corona-Zeit zur Verfügung. Genug Geld?

Rabmer-Koller: Richtig eingesetzt und mit passenden Anreizen versehen, kann das schon einen Schneeballeffekt erzeugen. Die Unternehmen müssen spüren, dass Umweltinvestitionen mit einer Senkung der laufenden Betriebskosten einhergehen.

STANDARD: Sie haben Betriebswirtschaft in Linz studiert. War für Sie von Anfang an klar, dass Sie das Familienunternehmen weiterführen würden?

Rabmer-Koller: Nein, es hat sich so ergeben. Ich bin die Jüngste von drei Kindern, war oft mit meinem Vater auf Baustellen unterwegs. Das technische Interesse war also schon da. Es war aber für mich immer klar, dass ich einmal woanders hinwill. Das habe ich dann auch gemacht. So war ich bei der Firma Engel in Schwertberg im Bereich Auslandsniederlassungen und habe auch einige Zeit in den USA gearbeitet. Nach ein paar Jahren hat mein Vater gesagt, bitte komm zurück, wir brauchen dich.

Ulrike Rabmer-Koller war maßgeblich am Ausbau des Umwelttechnik-Standbeins der Rabmer-Gruppe beteiligt, deren Eltern 1963 den Grundstein für das Unternehmen legten.
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STANDARD: Und die Eltern haben Sie machen lassen?

Rabmer-Koller: Ich konnte meine Bereiche eigenständig entwickeln, war maßgeblich am Ausbau des Umwelttechnikbereichs und an der Internationalisierung des Unternehmens beteiligt – eine spannende Zeit mit Projekten von der Mongolei bis Bogota und Mumbai.

STANDARD: Wann hat sich das Unternehmer-Gen gemeldet?

Rabmer-Koller: Das war immer da. Auch meine Eltern sind mit Leib und Seele Unternehmer. Das spürt man. Schon als Kind wollte ich etwas bewegen und innovative Ideen umsetzen.

STANDARD: Sie waren lange politisch tätig, oft in verschiedenen Positionen parallel. Hat Ihnen Unternehmerin zu sein allein nicht genügt?

Rabmer-Koller: Das ist zufällig passiert und war nicht mein Lebensziel. Als Mensch, der gerne Dinge zum Positiven verändert, habe ich gemerkt, dass man in bestimmten Situationen auch als Unternehmer seine Meinung sagen und politische Entscheidungsträger auf Dinge hinweisen muss. Deshalb mein Engagement in der Interessenvertretung.

STANDARD: Der Rückzug als Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer (WKO) 2020 war Corona geschuldet?

Rabmer-Koller: Nein, das war geplant, da war Corona noch kein Thema. Ich war vier Jahre Präsidentin des europäischen KMU-Verbands (Klein- und Mittelbetriebe, Anm.). Diese Funktion war für mich der Höhepunkt meiner Interessenvertretungskarriere. Mit Harald Mahrer (Präsident der WKO, Anm.) habe ich 2019 besprochen, dass ich aufhöre, und er hat mich gebeten, noch bis zum Auslaufen der Periode im Juni 2020 zu bleiben. Das ist dann mit Corona zusammengefallen.

STANDARD: Sie wurden als Nachfolgerin von Christoph Leitl an der Kammerspitze gehandelt. Geworden ist es Mahrer. War die Zeit 2018 noch nicht reif für eine Präsidentin?

Rabmer-Koller: Harald Mahrer ist damals Präsident geworden, und ich habe ihn auch unterstützt. Es passt, wie es ist.

STANDARD: Zur falschen Zeit scheinen Sie jedenfalls an der Spitze des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger gewesen zu sein. Nach nur eineinhalb Jahren haben Sie im April 2017 den Abgang gemacht, nachdem Sie gespürt haben, dass Reformen so rasch nicht durchsetzbar sind.

Rabmer-Koller: Das würde ich auch wieder so machen. Ich habe die Funktion damals nur angenommen, weil es die Zusicherung der Politik gab, dass man etwas ändern und Reformen umsetzen wolle. Leider hat es dann an der zugesagten Unterstützung gefehlt, und ich habe die Konsequenz gezogen.

STANDARD: Später wurde die Reform unter anderer politischer Konstellation doch durchgezogen. Zufrieden?

Rabmer-Koller: Natürlich hat es mich gefreut, dass meine damaligen Reformvorschläge für die Sozialversicherung dann doch von der Regierung Kurz umgesetzt wurden. Ich habe hier auch im Hintergrund noch mitgewirkt. Denn es ging mir nie darum, eine Funktion zu haben, sondern Dinge zum Besseren zu verändern.

War jahrelang in diversen Interessenvertretungen aktiv und kümmert sich nun intensiv um ihr Unternehmen: Ulrike Rabmer-Koller.

STANDARD: Sind Sie ungeduldig?

Rabmer-Koller: Nein. Ich habe 2015 als Hauptverbandschefin begonnen. Nach anfänglicher Unterstützung meiner Pläne kam es in der Regierung zum Wechsel von Faymann zu Kern, da wollte niemand mehr richtige Reformen umsetzen. Im März 2017 haben die relevanten Entscheidungsträger signalisiert, dass bis zum Ende der Legislaturperiode 2018 die Sozialversicherungsreform sicher kein Thema mehr sein werde. Dann wäre ich am Ende meiner Funktionsperiode gewesen und wäre zu Recht gefragt worden: Ja und, große Reformerin, was ist jetzt mit der Umsetzung? Deshalb habe ich mich dann im April 2017 zum Rücktritt mit einem Paukenschlag entschieden. Damit wollte ich aufrütteln und nochmals aufzeigen, dass es dringend Reformen braucht.

STANDARD: Zurück zu dem Unternehmen. Sie haben zwei erwachsene Kinder, werden die in Ihre Fußstapfen treten?

Rabmer-Koller: Meine Tochter ist 24, mein Sohn 23. Beide haben das technische Interesse von mir übernommen und arbeiten neben dem Studium auch schon im Unternehmen mit. Die Ausbildung steht jetzt im Vordergrund. Sie möchten dann so wie ich ins Ausland gehen bzw. auch in anderen Unternehmen Erfahrung sammeln. Ich hoffe, dass sie dann zurück in den Familienbetrieb kommen, dränge sie aber nicht.

STANDARD: Würde Sie die Politik interessieren, wenn Sie die Unterstützung Ihrer Kinder im Unternehmen haben?

Rabmer-Koller: Nein, mit dem Thema Interessenvertretung und Politik habe ich definitiv abgeschlossen. Ich bin mit Leib und Seele Unternehmerin. Mein Ziel ist es zu zeigen, dass Klimaschutz und Wirtschaft kein Gegensatz sind, sondern eine sehr gute Symbiose. Diese Erkenntnis hat sich da und dort schon durchgesetzt, einiges an Überzeugungsarbeit bleibt aber noch zu tun.

(Günther Strobl, 6.2.2021)