Justizministerin Alma Zadić – derzeit auf Babypause – mit WKStA-Leiterin Ilse Vrabl-Sanda

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Wieder einmal gab es rund um den Ibiza-U-Ausschuss Meinungsverschiedenheiten in der Justiz, und wieder einmal betrafen diese das Thema Aktenlieferungen. Konkret ging es um die Frage, ob der U-Ausschuss Akten zu Verfahren wegen mutmaßlicher Falschaussagen im Zusammenhang mit der Causa Casinos erhält. Diese werden sowohl Casinos-Vorstandsmitglied Bettina Glatz-Kremnser, einst ÖVP-Vize, und einer Mitarbeiterin von Öbag-Chef Thomas Schmid vorgeworfen. Für beide gilt die Unschuldsvermutung.

Die vermuteten Falschaussagen stehen in direkter Verbindung zu den Untersuchungsthemen des U-Ausschusses. Es geht dabei beispielsweise um die Frage, wann sich Glatz-Kremsner und Thomas Schmid kennengelernt hatten. Die Casinos-Managerin behauptete, ihn "auch" von den Regierungsverhandlungen Ende 2017 zu kennen. Whatsapp-Chats indizieren jedoch ein privates Abendessen bei Schmid im Sommer 2016. Insgesamt sechs Widersprüche will die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bei Glatz-Kremsner entdeckt haben.

Oberstaatsanwaltschaft wollte Lieferung blockieren

Die Oberstaatsanwaltschaft meinte aber, dass diese mutmaßlichen Falschaussagen klar außerhalb des Zeitraums getätigt wurden, den der U-Ausschuss untersucht. Dieser will ja bekanntlich das Agieren der türkis-blauen Regierung prüfen, die im Mai 2019 beendet wurde. Dieser Ansicht schloss sich die Fachabteilung im Justizministerium an. Doch Justizministerin Alma Zadić (Grüne) drehte diese Entscheidung – ein durchaus ungewöhnlicher Schritt. Zuvor hatte bereits in der "Schredderaffäre" Streit über Aktenlieferungen geherrscht. Die Entscheidung der Oberstaatsanwaltschaft Wien hatte da noch der damalige Sektionschef Christian Pilnacek revidiert.

Die jetzige Freigabe durch Zadić könnte auch daran liegen, dass der Verfassungsgerichtshof (Vfgh) die Justizministerin zuvor wegen unvollständiger Aktenlieferungen kritisiert hatte. So konnte das Ibiza-Video ohne Schwärzungen zum U-Ausschuss gelangen. Implikationen hat dieses Erkenntnis auch für den Bundeskanzler Sebastian Kurz. So wurde dieser als Zeuge zu Amtsmissbrauch einvernommen, hatte er doch behauptet, die WKStA würde rechtswidrig Akten an Journalisten weitergeben. Aus einer Anfragebeantwortung durch Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), der Zadić in ihrer Babypause vertritt, geht hervor, dass die Übermittlung dieser Akten an den U-Ausschuss jetzt doch geprüft wird.

Neos vermuten Vertuschung

"Nach dem Schredderakt wollte die Oberstaatsanwaltschaft Wien unter der Leitung von Johann Fuchs jetzt erneut zwei Verfahren, in denen gegen ÖVP-nahe Personen ermittelt wird, vor dem Untersuchungsausschuss geheim halten", kommentierte Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper. "Offenbar setzt Fuchs also alles daran, alles, was der ÖVP und Kurz nahe kommt und gefährlich werden könnte, vor uns zu verbergen."

Gegen Fuchs und Pilnacek wird derzeit auch die Einleitung von Ermittlungen geprüft, weil sie selbst vor dem U-Ausschuss falsch ausgesagt haben könnten. Die Opposition hatte geschlossen beider Suspendierung gefordert. Justizintern wird der Anzeige jedoch nur wenig Erfolg eingeräumt. (Fabian Schmid, 6.2.2021)