Rangun am Samstag.

Foto: AFP / YE AUNG THU
Die demokratisch gewählte Regierungschefin Myanmars Aung San Suu Kyi wurde vom Militär entmachtet. Erneut hat die Militärjunta das Sagen im Land. Wie kam es dazu?
DER STANDARD

Yangon (Rangun)/Naypyidaw – In Myanmar haben am Sonntag erneut Zehntausende Menschen gegen den Militärputsch und die Festnahme der De-Facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi protestiert. In der größten Stadt Rangun zogen Demonstranten in roten T-Shirts und mit roten Flaggen durch die Straßen, der Symbolfarbe der Nationalen Liga für Demokratie (NLD) von Suu Kyi. Viele riefen "Wir wollen keine Militärdiktatur! Wir wollen Demokratie!" und schwenkten NLD-Fahnen. Vorbeifahrende Autos hupten und Passagiere zeigten Fotos von Suu Kyi. Die Demonstranten marschierten zur Sule-Pagode im Zentrum der Stadt. Die Bereitschaftspolizei hatte stellenweise Barrikaden errichtet, versuchte aber nicht, die Menge aufzuhalten.

Internet-Blockade aufgehoben

Die friedlichen Proteste lösten sich am Abend auf. Nur in der Stadt Myawaddy im Südosten waren Schüsse zu hören. In einer Video-Aufnahme war zu sehen, wie bewaffnete Polizisten gegen eine Gruppe von rund 200 Protestieren vorgingen. Die UN schätzte die Zahl der Demonstranten allen in Rangun auf rund 60.000. Im Staatsfernsehen wurde nicht über die Proteste berichtet. Allerdings wurde am Sonntagabend die Blockade des Internets ausgehoben. Die sozialen Netzwerken spielen eine wichtige Rolle bei der Formierung des Widerstands gegen die militärischen Machthaber. Bereits am Samstag waren Zehntausende Menschen auf die Straßen gegangen.

Der Militärputsch war vor allem in westlichen Staaten auf entschiedene Kritik gestoßen. Am Sonntag drückte Papst Franziskus seine Solidarität mit dem Volk in Myanmar aus und forderte das Militär zu "demokratischer Harmonie" auf.

Putsch vor einer Woche

Das Militär hatte vergangenen Montag geputscht – an dem Tag, an dem das neu gewählte Parlament zu seiner ersten Sitzung hätte zusammenkommen sollen. Im November hatte die NLD bei der Parlamentswahl in dem mehr als 53 Millionen Einwohner zählenden südostasiatischen Land einen Erdrutschsieg erzielt. Nach seinem Putsch im Jahr 1962 hatte das Militär 49 Jahre lang in Myanmar geherrscht. Die Abstimmung im November war erst die zweite freie und faire Wahl seit dem Ende der direkten Militärherrschaft im Jahr 2011. (Reuters, 7.2.2021)