Österreich verfügt über Potenziale und Technologien, um eine Vorreiterrolle einzunehmen, sagt Michael Mock, der Geschäftsführer des Fachverbands Gas Wärme.

Die Energiewende ist mehr als eine reine Stromwende. Es braucht auch eine Wärmewende. Das sind weder Träume, Schäume, noch ist es eine Verschwörung der Gaswirtschaft, wie Heinz Kopetz im Gastkommentar behauptete (siehe "Die Traumwelt der Gaswirtschaft"), sondern es sind Tatsachen. Auch grüner Strom braucht zukünftig grünes Gas als Speicher, als Vorsorge für die Netzstabilität sowie für die sichere Stromversorgung Österreichs.

Zur Erreichung der Klimaziele braucht es beides: erneuerbaren Strom und grünes Gas. Die unbequeme Wahrheit zuerst: Es ist nicht genug Ökostrom für alle und alles da: für Haushalte, Industrie, Kraftwerke und Mobilität. Es geht sich einfach nicht aus. Mit einer reinen Stromstrategie aus erneuerbaren Quellen wie Wind, Wasser und Sonne wird die Energiewende allein aufgrund der Verfügbarkeit von Energie nicht zu machen sein. Folglich ist eine Strategie, die ausschließlich auf Strom setzt, zum Scheitern verurteilt. Um die Klimaziele verbindlich zu erreichen, die Haushalte warm und die Energieversorgung zu sichern, braucht es grünes Gas.

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Grünes Gas ist Biogas aus landwirtschaftlichen Reststoffen oder klimaneutraler Wasserstoff, beispielsweise aus überschüssigem Ökostrom. Es kann einen ganz wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten, zumal eine Million österreichischer Haushalte mit Gas heizt. Sie verbrauchen inklusive Fernwärme rund zwei Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr. Wird schrittweise auf grünes Gas umgestellt, verkleinert sich der CO2-Ausstoß signifikant. Bereits der Einsatz von 500 Millionen Kubikmetern von grünem Gas für die Raumwärme spart eine Million Tonnen CO2 bis 2030 – jedes Jahr. Das wiederum entspricht einem Drittel des Reduktionsziels der Bundesregierung bis 2030.

Kostengünstige Lösung

Und es ist nicht zuletzt eine enorm kostengünstige und sozial ausgewogene Lösung, um den CO2-Ausstoß beim Heizen zu reduzieren. Denn die Gasgeräte in den Haushalten funktionieren mit grünem Gas wie gewohnt.

Mit der Erzeugung von Biogas entsorgen Bauern und Anlagenbetreiber ganz nebenbei auch noch landwirtschaftliche Abfälle, die ansonsten beim unkontrollierten Verrotten und Vermodern klimaschädliche Gase in die Atmosphäre ausstoßen würden.

Die Umstellung auf grünes Gas ist machbar. Zahlreiche Studien der Johannes-Kepler-Universität Linz, der Montanuniversität Leoben sowie unabhängiger Energieforschungsinstitute in Österreich und Deutschland belegen, dass Österreich über ein Potenzial von bis zu sechs Milliarden Kubikmetern grünem Gas verfügt: vier Milliarden Kubikmeter an Biomethan und etwa zwei Milliarden Kubikmeter Wasserstoff.

Es stimmt, dass derzeit noch wenig grünes Gas ins Gasnetz eingespeist wird – wir stehen hier erst am Beginn. Wie schnell man auf grünes Gas umstellen kann, hängt maßgeblich von den politischen Rahmenbedingungen ab, um die Potenziale tatsächlich heben zu können.

Investitionen in grünes Gas sind nicht nur in Hinblick auf Klimaschutz wichtig, sondern lösen gerade jetzt, am Beginn einer Wirtschaftskrise, ein Konjunkturpaket aus. Denn wir verfügen nicht nur über die Potenziale, sondern auch über die Technologien in Österreich, um im Bereich Biomethan eine Vorreiterrolle einzunehmen. Dadurch werden tausende neue Arbeitsplätze (Green Jobs) geschaffen und gesichert.

Sichere Versorgung

Der Gesamtbedarf an Gas liegt in Österreich zurzeit bei rund acht Milliarden Kubikmetern pro Jahr. Die offene Differenz von rund zwei Milliarden Kubikmetern Gas wird durch dringend notwendige Energieeffizienzmaßnahmen einerseits sowie durch mögliche Importe von grünem Gas andererseits geschlossen. Nachdem Österreich über ein hervorragend ausgebautes Pipelinesystem samt großen Gasspeichern verfügt, steht in Zukunft einer sicheren Versorgung mit grünem Gas nichts im Wege.

Die Gasspeicher haben für die Energiewende eine weitere zentrale Funktion: Sie speichern nicht nur grünes Gas, sondern auch die Überschussenergie der anderen Erneuerbaren. Ökostrom aus Windparks und Solaranlagen, der nicht zeitnah verbraucht werden kann, verpufft. Es sei denn, er wird in klimaneutralen Wasserstoff umgewandelt. So kann die Energie verlustfrei gespeichert werden, bis sie benötigt wird. Diese Energie wird dann bei Bedarf im bestehenden Gasnetz rasch und emissionsfrei zu Gasheizungen oder Gastankstellen transportiert.

Es waren vor allem auch die Gaskraftwerke, die Österreich und Europa am 8. Jänner vor einem katastrophalen Blackout bewahrt haben. Ohne bedarfsgerecht und stabil laufende Gaskraftwerke wäre die Netzstabilisierung nicht möglich gewesen.

Ähnliche Situationen werden künftig immer öfter eintreten, zumal der Ausbau der erneuerbaren Energien und die wetterbedingt schwankende Erzeugung von Wind- und Sonnenstrom auch zu starken Schwankungen im Stromnetz führt. Angesichts dieser volatilen Produktion und um die Stromversorgung in Zukunft abzusichern, sind Gaskraftwerke unerlässlich. (Michael Mock, 87.2.2021)