Der Wettergott scheint ein Einsehen zu haben. In manchen Teilen Österreichs sind die Frühlingsvorboten abgesagt. So manche Händler dürfte der kleine Kälteeinbruch erfreuen, könnte er doch für manche Konsumenten ein Ansporn sein, sich doch noch eine Winterjacke zuzulegen, oder vielleicht ein neues Paar Skier. Auch wenn aus der Winterurlaubswoche nichts geworden ist.

Die Auslagen sind nach Wochen des Schlummers wieder herausgeputzt. "Wir freuen uns auf euch", verkünden Händler auf bunten Schildern oder im Internet. Sechs Wochen hatten die Geschäfte abseits des täglichen Bedarfs zu. Mit neuen Regeln geht es wieder los. Auch wenn Handelsvertreter und Betriebe seit Wochen gedrängt haben: Man ist nervös. "Wir sind auf das Maximum vorbereitet", sagt Gerhard Wohlmacher.

Minus 50 Prozent ist bei weitem nicht das "Höchstgebot". So mancher hat legt da noch Prozente drauf.
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Der Manager eines der bekanntesten Kaufhäuser in Wien, des Gerngross in der Mariahilfer Straße, weiß, dass mit Argusaugen beobachtet wird, wie die Lockerung des Lockdowns läuft. Konsumenten wollen Weihnachtsgeschenke umtauschen, Gut- oder Geldscheine einlösen, Besorgungen nachholen oder einfach wieder unter Leute.

Wohlmachers Haus hat sich generalstabsmäßig vorbereitet, wie alle Shopping-Agglomerationen in Österreich. Man hält FFP2-Masken bereit, das Reinigungs- und Sicherheitspersonal wurde aufgestockt, die Zahl der Kunden wird gemessen. Tummeln sich zu viele in Gebäuden oder auf Parkplätzen, wird kurzfristig der Zugang oder die Zufahrt gesperrt.

Gut gerüstet

Die Händler sehen sich laut ihren Vertretern für einen Kundenansturm, der am ehesten in Einkaufszentren erwartet wird, gerüstet. Margarete Gumprecht, Handelsobfrau in der Wiener Wirtschaftskammer, ist guter Dinge, "dass alles mit Vernunft abläuft". Allein schon psychologisch sei es wichtig für die Betriebe, dass geöffnet wird, sind sich alle einig.

Auch Thorsten Schmitz, Geschäftsführer von Intersport, sieht das so, hält es aber für kontraproduktiv, dass die Schließung im Raum steht, falls es nicht gut läuft. "Das hinterlässt bei den Konsumenten eher den Eindruck, dass die Zeit zum Einkaufen knapp ist."

Diese Filiale wird nur aufgesperrt, um dann ganz zuzusperren.
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Der Center-Manager Wohlmacher sagt, dass "die Disziplin der Menschen dramatisch zugenommen hat". Auf eines hat er freilich keinen Einfluss: die Preispolitik der Händler. Halten die sich bei den Rabatten zurück, nachdem zuletzt hohe Preisnachlässe da und dort für lange Schlangen gesorgt haben – und für viel Kritik? Oder versuchen sie auf Teufel komm raus Ware loszuwerden – um jeden Preis?

"Das ist wohl eine der zentralsten Fragen, die den Händlern schlaflose Nächte bereitet – nicht nur zu Corona-Zeiten", ist Christoph Teller sicher. Der Leiter des Instituts für Handel und Marketing der Johannes-Kepler-Uni in Linz nennt es das "Gefangenendilemma des Handels", das sich bei jedem Saisonwechsel wiederhole, immer öfter schon in der Mitte der Saison: "Das Ende des Lockdowns ist damit vergleichbar, da die Saisonware und mehr abverkauft werden muss."

Die Lager sind voll, die neue Ware ist schon da, und wichtige Umsätze fehlen, ergänzt Anton Salesny, Handelsexperte an der WU Wien. Zusätzlich zu den beschränkten Lagerkapazitäten hätten Branchen wie der Modehandel mit der "Frische" zu kämpfen. Was heuer in war, ist im kommenden Winter wohl out.

Appell an die Vernunft

Auch Margarete Gumprecht erwartet einige Preisschlachten und appelliert an die Vernunft der Konsumenten – und der Händler. Wo sie anfängt und wo sie endet, sagt sie nicht. Der Blick in Einkaufszentren und auf diverse Homepages zeigt: Geworben wirbt offensiv – mit Supersale, XXXL-Räumungsverkauf, final Sale, minus 70 Prozent, noch einmal 20 Prozent auf bereits reduzierte Ware – die Preise, sie purzeln.

23. Dezember in Wien. In anderen Städten Österreichs waren ebenfalls die Menschen zahlreich auf den Beinen.
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Die einen haben es dringend nötig, die anderen wollen von diesem erprobten Instrument nicht lassen. Nur manche erklären, dass man von Rabattschlachten absehen werde. Freilich tun sich Möbelhändler, die ebenso wie der Elektro- oder der Bauhandel vergleichsweise gut durch die Krise kommen, damit relativ leicht.

Anderen bleibe schlicht nichts übrig, sagt Günther Rossmanith, Modehändler und Kammerfunktionär. Viele hätten erst ein Drittel ihrer Ware verkauft, mehr als 50 Prozent hätte kaum einer geschafft. Jetzt gelte es, noch so viel Kleidung wie möglich zu verkaufen, denn nicht selten sei sie kreditfinanziert. "Jetzt geht es darum, Liquidität zu generieren", pflichtet Sporthändler Schmitz bei. Die Saison sei ausgefallen, vor allem bei Skitextilien sei die höchste Liquidität gebunden. Ohne Rabatte werde es nicht gehen.

Handelsexperte Teller hat einen Rat: "Rabatte nicht mit der Gießkanne verteilen, wenn möglich. Stammkunden sind die goldene Währung in Krisen wie dieser." (Regina Bruckner, 7.2.2021)