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Gernot Blümel ringeln sich die Locken im Nacken, ORF-Mann Fritz Dittlbacher sind die Haare an den Schläfen schon über die Ohren gewachsen. Anderen hängen die Haare wie welker Schnittlauch in die Stirn. Und dann sind da noch jene, die in den vergangenen Wochen Strähne um Strähne ergraut sind, ohne Vorwarnung! So viel ist nach wochenlangem Verzicht auf Friseurbesuche klar: Unser Haar ist weniger berechenbar, als wir geglaubt haben.

Viele hatten die Sache ordentlich unterschätzt, als die Friseure Mitte November schließen mussten. Haare stutzen? Geht zur Überbrückung genauso gut zu Hause überm Waschbecken (das hatte Lockdown Nummer eins gelehrt). Färben? Wer auf ausgefeilte Techniken wie Balayage und Ombré verzichtet, kann das abends nebenbei mit Plastikhaube unterm Handtuch erledigen. Wozu reihen sich schließlich in den Drogerien Hundertschaften an Packerln "warmes Blond", "kühles Mittelbraun", "Vanilla Mocca" aneinander? Die Regale mit den Färbeprodukten wurden für so manchen zur wahren Teststraße.

Hohe Kunst DIY-Schnitt

Kaum jemand zahlte im Lockdown kein Lehrgeld, im Verlauf der vergangenen Wochen dämmerte uns langsam: Der DIY-Haarschnitt ist eine Kunst. Die Erkenntnisse sind weitreichend: Eine stumpfe Schere ist imstande, ein Massaker anzurichten, eine unscheinbare Tönung kann auf dem Kopf ein Feuerwerk der Farben entfachen, nicht immer kommt ein radikaler Sparschnitt mit dem Rasierer einem gelungenen Neuanfang gleich.

Wenn die Salons an diesem Montag also wieder öffnen (rein darf man nur mit einem negativen Covid-Test, der nicht älter als 48 Stunden ist), dann sollten wir die Gunst der Stunde nutzen und uns an Frisuren und Farben wagen, die den irren Aufwand lohnen. Wie wäre es zum Beispiel mit ein wenig Drama und Exzentrik auf dem Kopf, einer Dauerwelle à la Jennifer Grey in Dirty Dancing oder Sarah Jessica Parker in Sex and the City? Wie wäre es mit einer Blondierung, um den Friseurbesuch in die Länge zu ziehen?

Oder aber einer echten Typveränderung? Die Führungsriege der ÖVP könnte ihre Matten abrasieren, um sich des Schnöselverdachts zu entledigen. Grünen-Politiker ihr natürliches Grau übertünchen, um die enttäuschte Wählerschaft die unliebsamen Vorkommnisse der vergangenen Wochen vergessen zu lassen. Ein neuer Haarschnitt kann ja angeblich ein Leben verändern. (Anne Feldkamp, 8.2.2021)