Plug-in-Hybrid. Führen wir uns zunächst die Ausgangslage des Antriebskonzepts vor Augen. Es wurde zu Beginn der Elektromobilitätsära als Kompromiss ersonnen. In der Stadt sollte man so viel wie möglich elektrisch und damit – vom Fahrzeug her gesehen – emissionsfrei unterwegs sein, außerhalb aber keine Sorgen wegen der Reichweite haben, weil dort der Verbrennungsmotor in Aktion tritt.

Im ersten Plug-in-Schwung ergaben sich mickrigen Reichweiten von 20, 30 Kilometern, heute sind es normzyklisch bei den Besten bereits 75, 80 oder mehr, womit wir uns der Ursprungswunschreichweite von 100 km zügig nähern.

Beim A 250 e stand ein Aspekt besonders im Zielfokus: Der Kleinste des Trios hier hat die größte Batterie (15,6 kWh) und die mit Abstand beste Elektro-Reichweite – 74 km laut Norm, real auch nahe dran.
Foto: Stockinger

Allerdings scheint die Entwicklung in der Batterietechnologie den Plug-in-Hybrid zu überflügeln. Wer weiß, ob es eine dritte Generation überhaupt geben wird oder es in ein paar Jahren nicht sinnvoller wird, gleich zum Vollelektriker zu greifen – die dann Realreichweiten haben, die heutigen Benzinerautos weitgehend entsprechen. Von diversen anderen Hemmnissen ganz abgesehen, politischen, medialen etwa.

Wird gerne genommen

Optisch gibt sich der S60 Polestar Engineered dezent, mit Ausnahme der goldfarbenen Bremssättel und ebensolcher Gurte innen. Beeindruckend geschmeidiges Kraftpaket, und ein bisschen Elektro geht immer.
Foto: Stockinger

Die Zulassungsstatistik belegt momentan jedenfalls, dass das immer größer werdende Angebot an Fahrzeugen mit Verbrennungs-, Elektromotor und an der Steckdose aufladbarer Batterie eine rasch wachsende Klientel findet – befeuert auch durch die steuerliche Situation in vielen europäischen Ländern. Das geht sogar so weit, dass etliche gar keine Lademöglichkeit haben oder nutzen und nur verbrennungsmotorisch durch die Gegend fahren, was natürlich kontraproduktiv am Sinn der Sache vorbeigeht und der Kritik Munition liefert.

Dennoch, es wird immer öfter doppelt gemoppelt, und die Spreizung bei der Zielsetzung reicht von besonders sparsam und auf E-Reichweite bedacht bis hin zum Performance-Kracher. Das spiegelt sich auch in den drei hier kurz vorgestellten Plug-in-Hybriden wider: Mercedes-Benz A 250 e, Volvo S60 Recharge T8 AWD Polestar Engineered sowie BMW 545e xDrive.

Auch er fährt im urbanen Bereich weitgehend emissionsfrei. Schlau: schaltet in Umweltzonen automatisch auf E-Antrieb. Große, kultivierte Limousine, potenziell fahrdynamisch, wie man das von BMW her kennt.
Foto: Stockinger

Für alle drei gilt: Sie sind straffer gefedert als sonst wegen des Mehrgewichts, das Batterie und andere Elektrokomponenten nun einmal auf die Waage bringen. Bei A-Klasse und S60 handelt es sich um frontantriebsbasierte Typen, beim 5er um einen Hinterradler – beide Letztgenannte setzen hier allerdings auf Allrad. Und alle drei haben einen etwas kleineren Kofferraum als sonst.

Was uns beim A 250 e aufgefallen ist? Der Wagen zählt eindeutig zur E-Reichweiten-Fraktion. Die Batterie verfügt mit 15,6 kWh über beachtlich Kapazität, bis zu 74 km Reichweite ergab die Normtestung, und siehe da, selbst in der kalten Jahreszeit kamen wir stets auf 50 bis 60 km. Woraus sich ergab, dass ein Gutteil der Testfahren elektrisch zurückgelegt werden konnte. Mit 75 kW ist obendrein eine kräftige E-Maschine verbaut, die gefühlt kaum hinter den etwas dünn klingenden Otto (118 kW) zurückfällt.

Foto: Stockinger

Besonders aufgefallen: Intelligentes Adaptieren, ganz von selbst – verzögern oder segeln, das regelt der 250 e nach Bedarf im Sinne maximaler Effizienz. Außerdem: toller Einschlag für einen Fronttriebler. Und klamme Finger: Die optionale Lenkradheizung – so was hat heute jeder koreanische Kleinwagen serienmäßig – zeigt auf, dass man bei Mercedes nix geschenkt bekommt.

Würde man es übrigens darauf anlegen, ließen sich als Systemleistung 160 kW abrufen. Das wird in der Praxis selten der Fall sein – ganz anders als beim S60, und damit zum Plug-in-Schweden, der in den USA gebaut wird. Wo bei Mercedes AMG stünde oder bei BMW M, steht bei Volvo Polestar engineered.

Prinzipiell ist die Plug-in-Philosophie bei denen schon immer leistungsorientiert, das sollte zunächst fehlende 6- und 8-Zylinder kompensieren, bekanntlich baut die Firma nur noch Zweiliter-Vierzylinder. Diesem Ansatz setzt der einstige Haustuner Polestar, heute als E-Mobil-Marke bekannt, noch eins drauf.

Foto: Stockinger

Von allen drei Autos ist das hier am deutlichsten auf stark und hurtig ausgelegt, auf Performance eben. Mit aufgeladener Zweiliter-Maschine (233 kW) vorn und E-Motor (65 kW) hinten – der ist folglich für den Allradantrieb zuständig (anders BMW, da ist der E-Motor ins Getriebe integriert). Begleiteffekt dieser Konstellation: Es zerrt mitunter ein wenig in der Lenkung.

Grafik: Der Standard
Grafik: Der Standard
Grafik: Der Standard

Dieser S60 federt wie ein Leichtathlet nach dem Aufwärmen. Zum bravourös abgestimmten Fahrwerk passt die Leistungsentfaltung im "Polestar engineered"-Modus, mit hübsch dazu komponiertem Sound, der leise Reminiszenzen an frühere Schweden-Turbos weckt. Kleine, extravagante Akzente passen ins Bild – gülden kolorierte Gurte innen, Brembo-Bremssättel außen. Lediglich die gleichfarbigen Ventilkappen, die sind peinlich. Und ein Sparmobil ist das begreiflicherweise nicht, mit um die zehn Liter Spritverbrauch ist schon zu rechnen.

Foto: Stockinger

Dass man beim Schalten stets zweimal tippen muss, ist anfangs gewöhnungsbedürftig. Aber da gab es schon schrägeres aus Schweden, beispielsweise: Zündschlüssel abziehen bei Saab nur mit eingelegtem Retourgang. Und damit noch ganz kurz zum BMW 545e xDrive.

Kulturprogramm

Er gibt das Flaggschiff in der bereits breiten Plug-in-Palette und ergänzt beim 5er den 530e nach oben hin. Reihensechszylinder! Und was für eine Fahrkultur!

Mit 290 kW Systemleistung und bei der gesamten Auslegung kommt BMW an den draufgängerischen kleineren Volvo knapp nicht heran, man fokussiert aber generell immer auf Fahrdynamik, was sich im Alltag rasch auf die elektrische Reichweite auswirkt (speziell, wenn man die mögliche Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h nutzt). Bei der vergeben BMW und Volvo sich nicht viel, von beiden bleiben winters um die 40 km übrig, was immerhin die statistische tägliche Durchschnittsstrecke wochentags abdeckt.

Besonders intelligent in dem Zusammenhang ist die Funktion "eDrive Zones". Auf Wunsch schaltet da der 5er in Städten mit Umweltzonen automatisch auf E-Antrieb um, sobald man dort einfährt.

Und macht Plug-in nun Sinn? Artgerecht eingesetzt: durchaus. (Andreas Stockinger, 15.2.2021)