Action, der Name scheint Programm. Der niederländische Konzern bietet an, was das Herz begehrt oder ein Haushalt so brauchen kann – vom Wischmopp um knapp 13 Euro über das Parfum um keine zwei Euro bis zu quietschbunten Badebomben um knapp 80 Cent. Der Haar- und Bartschneider ist um 5,55 Euro wohlfeil. Im Columbus-Center, einer Shopping Mall auf der Favoritenstraße im 10. Wiener Gemeindebezirk, kommt das Angebot sichtlich an, wie sich vor Ort zeigt.

Während sich der Andrang im Einkaufszentrum im Großen und Ganzen in Grenzen hielt, reicht die Schlange vor dem Action-Eingang um 9 Uhr früh bis zum Center-Eingang zurück. Auch im Gewerbepark Stadlau ist bei zartem Schneegestöber am Vormittag einiges los: knallvolle Parkplätze, lange Schlangen vor allem vor Diskontern wie TK Maxx.

Anstellen vor einem Geschäft in Wien. Im Großen und Ganzen ist der Andrang aber überschaubar.
Foto: APA/Schlager

In der Wiener Mariahilfer Straße, Österreichs größter Einkaufsmeile, ziehen Kunden kopfschüttelnd an einem Menschenauflauf vorüber, der sich über mehrere Häuserblocks zieht. Es sind Handelsketten wie Zara, TK Maxx, C&A und Snipes, vor denen es sich kräftig staut. Österreichische und deutsche Kamerateams flankieren die Menge, ein halbes Dutzend Fotografen wird für hart umstrittene Bilder sorgen. Zu Wort meldet will sich unter den in der Kälte Wartenden kaum einer.

"Weltfremde Preise"

Die Abstände in den Schlangen sind freilich großzügig, ein jeder trägt Maske. Blockabfertigung erlaubt rasches Vorankommen. Verständnis für den Andrang haben Händler rundum dennoch nicht. "Weltfremde Preise bieten große Diskonter und machen mit diesen den Rest der Wirtschaft kaputt", ärgert sich ein Unternehmer, der das Treiben seit den frühen Morgenstunden beobachtet.

"Ich brauche Gewand für meine Kinder, die aus ihren alten Kleidern rausgewachsen sind", erzählt eine junge Wienerin, die sich in der nahen Lugner City vor einem Textilgeschäft geduldig unter die Wartenden reiht. Es sei verrückt, hier Schlange zu stehen, räumt sie ein. Aber sie bezweifle, dass es vor Ostern ein langes Einkaufsvergnügen geben werde. "In ein, zwei Wochen sperrt alles wieder zu. Und danach stehen wir wieder Schlange."

Nach sechswöchigem Corona-Lockdown haben Händler und körpernahe Dienstleister wie Friseure, Kosmetiker und Masseure an diesem Montag wieder aufgesperrt. Gelockt wird teilweise mit hohen Rabatten. Doch das gilt bei weitem nicht überall.

Anstehen vor Geschäftsbeginn

Wer bei der Salzburger Niederlassung von Intersport Tscherne am Montag halbwegs entspannt einkaufen wollte, musste zwar früh dran sein: Beim STANDARD-Lokalaugenschein standen die ersten Kunden und Kundinnen schon eine halbe Stunde vor Geschäftsbeginn vor der Tür in Bergheim im Norden der Landeshauptstadt. Eine Stunde später war der Parkplatz nahezu ausgelastet.

Von der angekündigten Rabattschlacht ist hier aber wenig zu merken. Zwar gibt es die üblichen Winter-Sale-Angebote, die meisten Kunden und Kundinnen scheinen aber genau zu wissen, was sie wollen: Während die Alpinski-Abteilung und die Bekleidungsabteilungen eher verwaist wirken, geht es in der Bergsport-Abteilung zur Sache: Tourenski, Felle, Bindungen, Harscheisen sind begehrte Artikel. Die Auswahl ist beschränkt, man sei im Tourensegment ziemlich ausverkauft, sagt ein Verkäufer. Der Tourensport boomt, und auch mit Click and Collect sei während des Lockdowns einiges verkauft worden. Dazu komme, dass ob der unsicheren Entwicklung im Sommer nicht allzu viel bestellt worden sei.

Ein Einkaufszentrum in Wien. Überlaufen ist es hier nicht.
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Obwohl es der erste Tag der Semesterferien ist, ist es auch in der Salzburger Linzergasse am Montag noch relativ ruhig. Nur vor wenigen Läden bilden sich Warteschlangen, da die maximale Personenanzahl in den kleinen Geschäften der Einkaufsstraße bereits überschritten ist. Zwei Frauen stehen etwa vor einem Kosmetikladen an. Mehr los ist vor einem Geschäft für Kindermoden, wo die Schlange schon quer über die Straße reicht. "Minus 70 Prozent Totalabverkauf. Wir schließen", prangt in grellen Lettern auf der Auslage. Die Prozentzeichen in den Auslagen sind auch andernorts ein bestimmendes Bild. Eine Frau hat die ersten offenen Stunden bereits für einen ausgiebigen Einkaufsbummel genutzt, drei Einkaufstaschen am Arm. "Endlich einmal wieder eine Abwechslung", kommentiert sie den ersten Shoppingtag.

Ausgebucht

Beim Friseur Directors Cut in der Salzurger Neutorstraße ist am Montagvormittag ausnahmsweise reger Betrieb. Die Montagsschließung hat Besitzer Markus Decker ausgesetzt, alle fünf Mitarbeiterinnen sind diese Woche im Einsatz. "Wir sind fast ausgebucht", sagt Decker. In der kommenden Woche gebe es aber noch genug Termine. Es seien jedenfalls weniger Anfragen als nach den anderen Lockdowns, sagt der Friseur. "Es ist mit den Tests schon sehr kompliziert."

Markus Decker hat normalerweise am Montag zu. Doch jetzt macht er eine Ausnahme.
Foto: Stefanie Ruep

Diese Befürchtung hatte Laura Riedl auch. Sie betreibt das Massage- und Kosmetikstudio Flow Lola in der Panzerhalle in Salzburg. "Da kommt man als Unternehmerin in eine doofe Situation. Wir sind ja kein Überwachungsorgan", sagt Riedl. "Aber meine Kundinnen und Kunden sind der Wahnsinn. Die schicken mir die Bestätigungen schon vorab." Ihre Termine seien sogar bis in den März ausgebucht. Die Wiedereröffnung nimmt der Masseurin die Sorgen. "Ich war schon ganz angespannt, weil es auch keine Unterstützungen mehr gab."

"Unser Terminkalender ist komplett voll", erzählt auch eine Friseurin in einem Salon in Amstetten – zwischendurch. Sie muss multitasken: von einer Kundin kassieren und der nächsten schon einen Platz zuweisen. "Nachdem bekannt wurde, dass wir aufsperren dürfen, lief das Telefon heiß." Man bemühe sich möglichst alle Kunden unterzubringen, aber müsse die meisten schon auf kommende Woche vertrösten. Die Stimmung im Salon ist jedenfalls gut. Die einen freuen sich, wieder Haare schneiden zu dürfen und die anderen freuen sich, dass ihnen wieder jemand die Haare schneiden darf.

Überschaubarer Andrang in der Grazer Innenstadt

Entspannt ist die Lage am Montagmorgen in der Grazer Innenstadt. Es lag wohl auch am kalt-regnerischen Wetter, dass die Kundschaft nur "tröpferlweise" die Geschäfte aufsuchte. Zumindest vor den Modeläden, speziell den Diskontern, bildeten sich kleine Gruppen und warteten auf Einlass, zumal auf die Personenbeschränkung doch genau geachtet wurde.

Einige Kunden stöberte auch schon frühvormittags in der größten Buchhandlung der Stadt, dem Moser, und nutzten die Möglichkeit, wieder offline einzukaufen.

Das war auch eines der Motive für Marcelle Strasser-Mikhail, den größten Shoppingtempel der Stadt, Kastner & Öhler, schon am ersten Tag nach dem Lockdown aufzusuchen. "Nein, wegen der Schnäppchen bin ich nicht hergekommen, ich will eigentlich auch den Handel stärken. Es sind ja doch österreichische Unternehmen. Außerdem ist es halt doch etwas anderes, als nur online zu bestellen. Da habe ich lieber diese direkte Einkaufserlebnis", sagt Strasser-Mikhail, die diesmal Spielzeug erstanden hat. "Eines für unser Kind und ein Spiel für mich und meinen Mann. Immer nur Netflix schauen bringt auf die Dauer ja auch nichts." Und warum sie ausgerechnet schon am ersten Tag nach dem Lockdown einkaufen ging? "Das letzte Mal hat es geheißen, wir sollen bitte nicht gleich am ersten Tag einkaufen, bin ich daher am zweiten gegangen. Aber da war extrem viel los. Also habe ich es diesmal gleich am ersten Tag versucht."

Skepsis bei Experten

Nicht alle halten die Öffnungen für den richtigen Schritt. SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner sieht die Lockerungen angesichts hoher Infektions- und der niedrigen Impfzahlen als "großes Risiko". Auch die in Bayern regierende CSU kritisiert die Lockerung der Maßnahmen in Österreich. "Österreich und Tschechien gefährden mit ihrer unverantwortlichen Öffnungspolitik unsere Erfolge in Deutschland", kritisierte CSU-Generalsekretär Markus Blume in der "Bild am Sonntag". Zuvor hatte bereits Bayerns Ministerpräsident Markus Söder vor einer "überstürzten Lockerung" in Österreich gewarnt. (Karin Bauer, Andreas Danzer, Verena Kainrath, Walter Müller, Thomas Neuhold, Bettina Pfluger, Stefanie Ruep, 8.2.2021)