Verkehrsministerin Gewessler will ihren Regierungskollegen Blümel doch noch überreden, der Verlängerung der Notvergabe für die Weststrecke zuzustimmen.

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Wien/St. Pölten – Im Streit um weitere Staatshilfen für ÖBB und Westbahn zur Aufrechterhaltung des Bahnverkehrs zwischen Wien und Salzburg will Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) offenbar nicht lockerlassen: In einem auf Twitter verbreiteten Video rief sie am Montag das Finanzministerium neuerlich auf, einer Verlängerung der "Notvergabe" für die Bahnunternehmen zuzustimmen. Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) hat bisher nicht reagiert.

Ohne die Notvergabe durch das Verkehrsministerium hätten sowohl ÖBB als auch Westbahn den Verkehr auf der Weststrecke einstellen müssen, sagte Gewessler. Der Staat stütze andere Unternehmen in der Krise mit Wirtschaftshilfen in Milliardenhöhe, "und das Gleiche brauchen wir auch für die Aufrechterhaltung des öffentlichen Verkehrs", sagte Gewessler. "Wir brauchen die Verlängerung der Notvergabe auf der Weststrecke." Das sei ohne Zustimmung des Finanzministeriums nicht möglich.

Staatshilfen ausgelaufen

Am Wochenende hatten sowohl die staatlichen ÖBB als auch die mehrheitlich private Westbahn angekündigt, ihr Verkehrsangebot auf der Weststrecke stark einzuschränken, weil die zuletzt im November mittels Notvergabe durch das Verkehrsministerium vergebene staatliche Unterstützung in Höhe von 45 Millionen Euro ausgelaufen ist und bisher nicht verlängert wurde.

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) hat bisher nicht reagiert. Am Wochenende verteidigten ÖVP-Politiker jedoch das Auslaufen der Notvergabe für die Westbahn-Strecke und fordert einen "Ordnungsruf" der Verkehrsministerin an die ÖBB.

Kritik an Blümel von SPÖ und FPÖ

Der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried sprach am Montag von einem "verkehrs- und gesundheitspolitischen Irrsinn". Pendler und Schüler, die auf den Zug angewiesen seien, würden zu Opfern des türkis-grünen Regierungsstreits.

"Es geht ja nicht um riesige Summen, es geht um rund 15 Millionen Euro pro Monat, mit denen das Angebot von überregionalen Zügen auf einer der wichtigsten Bahnstrecken Österreichs auch in Pandemiezeiten sichergestellt werden soll", erklärte Leichtfried. "Es ist nicht möglich, dass man Geld aus dem Infrastrukturbereich der ÖBB zum Stützen einer eigenwirtschaftlich geführten Personenverkehrsstrecke verwendet."

Der Verkehrssprecher der FPÖ in Niederösterreich, Dieter Dorner, sieht in dem Streit die Schuld beim Finanzministerium. "Jeder Niederösterreicher soll wissen, dass die ÖVP und Gernot Blümel die alleinige Verantwortung dafür tragen, dass ihr Zug nicht mehr fährt", sagt Dorner.

Für den Verkehrsclub Österreich (VCÖ) ist die angekündigte Reduktion des Bahnangebots auf der Weststrecke "nicht zuletzt angesichts des ab heute gelockerten Lockdowns ein falscher Schritt". Der VCÖ schlägt eine Verlängerung der Notvergabe bis inklusive Ostermontag vor. (APA, 8.2.2021)