Jan Machacek im Clinch mit der Blue Box.

Foto: Sophie Pözl

Die verdammten Achtzigerjahre! Große Party der hedonistischen Generation Golf, durchwachsen von Pershing, Aids und Tschernobyl. Das Erwachen des Wiener Bermuda-Dreiecks im sauren Regen seiner "Waldheimat", kurzes Aufflackern von Punk: Gassergasse, Dead Nittels, The Nikoteens. Parkas tragende Mods opponieren Hietzing-Poppern. Erst der popkulturelle Lifestyle machte das "Roaring" der Eighties so richtig fett.

Am Ende ging der Eiserne Vorhang auf und wurde das World Wide Web geboren. Man möchte meinen, eine künstlerische Vermessung dieses vielschichtigen Jahrzehnts wäre unmöglich. Der Wiener Performancekünstler Jan Machacek hat sich, zusammen mit dem Musiker Oliver Stotz, trotzdem getraut. Auf der Website des Brut Theaters ist jetzt sein konzises neues Videowerk Ewige 80er zu sehen. In allen Konsequenzen erlebt haben beide, Machacek ist 1975 und Stotz 1971 geboren, die Eighties nicht – aber das muss, kein Nachteil sein.

Performt und gedreht wurde in einem 1985 am Kempelenpark aufgestellten Büroklotz von Siemens. Ein ödes Sichtbetonmonster, das glücklicherweise bald abgerissen werden soll. Wieder einmal zeigt sich Machacek als virtuoser Poet der Vermischung analoger und digitaler Wirklichkeiten. Da ihm diesmal pandemiebedingt die Live-Umsetzung abhandengekommen ist, hat er das ursprünglich mit Deborah Hazler und Frans Poelstra geplante Bühnenstück in ein streambares Video abgewandelt.

Ewige 80er präsentiert sich als Bild-Sound-Text-Essay, raffiniert gearbeitet und unverfroren subjektiv. Machacek tanzt als Popstar mit roten Bundfaltenhosen, mit Stotz doziert er als ironischer Sätzesager: "You’ll never be able to rest." Jugenderinnerungen: Grießschmarren und Hrdlickas Holzpferd, dabei Empörung auf der Straße: "Die braune Scheiße rinnt durch Österreich!" Notizzettel werden choreografiert, Zeichnungen geraten in Bewegung, digitaler Konstruktivismus und Blue-Box-Tricks schichten Bilder über- und ineinander.

In Bild und Sound ist eine Schrottigkeit eingearbeitet, die durch formal strenge Elemente konterkariert wird. Gemeinsam mit Sabine Marte (Dramaturgie) und Victor Jaschke (Kamera) lassen Machacek/Stotz die eiserne Britin Margaret Thatcher Teile von O Superman von Laurie Anderson singen, führen Ronnie Reagan vor und erinnern an UHBP Kurt Waldheim. Bilder von Gorbatschow und dem Challenger-Desaster werden mit Zitaten zum Kapital von Thomas Piketty unterfüttert.

So kommen die Eighties weniger als Teenager-Reminiszenz daher, sondern als Skizze des damaligen gesellschaftlichen "Start-up" für unsere Gegenwart. (Helmut Ploebst, 9.2.2021)

Link Video abrufbar auf brut-wien.at