Bild nicht mehr verfügbar.

Der ehemalige EZB-Präsident und nun designierte Premier Italiens, Mario Draghi, wurde mit der Regierungsbildung beauftragt.

Foto: via REUTERS

Wüsste man es nicht besser, könnte man glatt an Wunder glauben: Da wandelt sich Matteo Salvini, Italiens Megafon der rabiaten Rechten, vom Saulus zum Paulus und dient sich plötzlich dem mit der Regierungsbildung beauftragten Mario Draghi an, um ein Ministeramt im Kabinett des hochangesehenen ehemaligen EZB-Chefs zu ergattern. Seine Tiraden auf EU, Banken und Migranten? Schnee von gestern, Italien erlebe jetzt einen "Moment der Wiedergeburt" – und da will der ehemalige Innenminister voll dabei sein.

Und da ist auch Beppe Grillo, der Gründervater der tendenziell linken, nach Eigendefinition aber "postideologischen" Fünf-Sterne-Bewegung. Der wortgewaltige Ex-Komiker machte bisher das römische Establishment für so gut wie jedes Problem verantwortlich und jagte es mehr als nur einmal zum Teufel. Er traf einen Nerv, denn die "Grillini" wurden bei der Wahl 2018 stärkste Partei – ein Erdbeben in Italiens Politik. Doch auch Grillo will mit dem bisherigen Erzfeind Draghi, dem "Knecht der Hochfinanz", an einem Tisch sitzen.

Italiens Populisten fürchten um ihren Einfluss, sollte Draghi eine Regierung bilden, die sie auf die Oppositionsbank schickt. Und das zu Recht, denn das Gebot der Stunde lautet: nicht noch weiter spalten, sondern kooperieren, Probleme lösen. Die Corona-Pandemie und die exorbitante Staatsverschuldung machen es möglich: Die Populisten bekennen sich plötzlich zu Europa und fressen Kreide. Bloß: für wie lange? (Gianluca Wallisch, 8.2.2021)