Die Idee klingt gut. Vor allem für Menschen, die für viele Monate in Kurzarbeit geschickt und dabei gar nicht oder nur sehr wenig von ihrem Arbeitgeber beschäftigt werden, machen Fortbildungen einen Sinn.

Die Wirtschaftskammer hatte deshalb bei der Verlängerung der Kurzarbeit in der dritten Phase ab Oktober 2020 sogar auf eine Weiterbildungspflicht für Dienstnehmer gedrängt. Geworden ist es ein sozialpartnerschaftlicher Kompromiss: Wer in der Kurzarbeit vom Dienstgeber ein Angebot bekommt, muss seither an Fortbildungen teilnehmen. Das AMS übernimmt 60 Prozent der anfallenden Sach- und Personalkosten beim Betrieb.

Das Interesse an solchen Angeboten war bisher verschwindend gering. Wie eine Anfragebeantwortung von Arbeitsminister Martin Kocher an den Neos-Abgeordneten Gerald Loacker im Nationalrat ergab, haben seit dem 1. Oktober gerade 844 Personen eine Schulungskostenbeihilfe vom AMS in der Kurzarbeit gewährt bekommen. Das AMS hat etwas höhere Zahlen und spricht von bisher 3.250 Weiterbildungsteilnahmen. Angesichts von aktuell 433.000 Menschen in Kurzarbeit ist das aber nur ein Anteil im Promillebereich. Daran knüpfen sich gleich mehrere Fragen: Woran liegt das, wer ist verantwortlich dafür, und ist es überhaupt ein Problem?

AMS-Chef Johannes Kopf ortet auf Basis von Erfahrungen aus der Vergangenheit vor allem bei Betrieben wenig Interesse daran, in der Kurzarbeit Fortbildungen anzubieten. So sei das schon während der Wirtschaftskrise 2009 gewesen.

Die Krise zieht vorbei

Trotz intensiver Bemühungen von AMS und Gewerkschaften, nutzten damals nur zehn Prozent der Beschäftigten geförderte Weiterbildungsangebote in Kurzarbeit. Aus Rückmeldungen von Unternehmen ergab sich, dass die Planung von Schulungen lange Vorlaufzeiten beansprucht und viele Betriebe nichts anbieten, weil sie glauben, die Krise gehe schneller vorbei. Firmen gaben auch an, dass ihre Mitarbeiter schon ausreichend qualifiziert seien.

AMS-Chef Kopf sagt zudem, dass viele Betriebe fürchten, ihre Flexibilität zu verlieren: Wer längere Bildungsangebote macht, kann seine Mitarbeiter, wenn er sie doch plötzlich braucht, nichts sofort einsetzen. Er spricht aber auch davon, dass viele Arbeitnehmer nicht motiviert sind, die Ausfallzeit zu nutzen, um etwas zu lernen.

Das führt zur nächsten Frage: Gibt es überhaupt ein Problem? Sofern die Wirtschaft bald anspringt, die Kurzarbeit für viele Betroffene endet, warum nicht einfach allen die zusätzliche Freizeit gönnen?

Neos-Abgeordneter Loacker sagt dazu, dass viele der Jobs nicht wiederkommen werden oder wenn, dann komplett verändert. Kurzarbeit nicht für Qualifizierung zu nutzen schade der Wirtschaft, weil Ressourcen weiterhin brachliegen. Sein Beispiel: eine Angestellte im Kleidergeschäft, die künftig weniger vor Ort beraten muss, sich dafür aber mit dem Onlineverkauf auskennen sollte. Hier wären zusätzliche Ausbildungen extrem förderlich, das AMS sollte eine aktivere Rolle übernehmen. Loacker: "Die Regierung behauptet, dass eine Qualifizierungsoffensive stattfindet. Das passiert bisher nicht."

Weniger als 4.000 Menschen nahmen bisher in der Kurzarbeit Qualifizierungsangebote an.

Anna Daimler von der Dienstleistungsgewerkschaft Vida spricht von einer "vertanen Chance". Gerade im Tourismus wurde immer nach Fachkräften "geschrien", jetzt hätten Betriebe die Chance gehabt, welche auszubilden.

Bei der Wirtschaftskammer will man die Idee noch nicht verloren geben. Die Tatsache, dass viele Ausbildungen nicht via E-Learning angeboten werden können und im Lockdown vor Ort oft nicht gearbeitet werden kann, habe sich negativ ausgewirkt. Die Bildungsangebote seien zudem zu wenig bekannt gewesen, das versuche man zu ändern.

Luft nach oben gibt es auch bei Fortbildungsangeboten des AMS an Arbeitslose. Seit dem 1. Oktober wird auf Basis einer türkis-grünen Initiative an alle Arbeitslosen, die eine mindestens viermonatige Weiterbildung via AMS starten, ein Bildungsbonus von 120 Euro im Monat ausbezahlt. Das ist Teil der Joboffensive der Regierung. 8.800 Menschen haben den Bonus bisher beansprucht. Das ist einerseits viel, diese Menschen beginnen ja komplett etwas Neues, was nicht einfach ist. Zudem könnte sich die Krise dank Impfungen in einigen Monaten entschärfen.

Andererseits gibt es aktuell 530.000 Arbeitslose. AMS-Chef Kopf sagt, dass die Zahlen weiter steigen werden. Derzeit erfolge die Ausbildungsberatung oft telefonisch, da sei Motivationsarbeit oft schwieriger und erfordere mehr Zeit.

Insgesamt will die Regierung im Zuge ihrer Joboffensive 100.000 Menschen zusätzlich qualifizieren. Allerdings werden hier auch andere Ausbildungen, die zum Beispiel kürzer dauern als vier Monate, eingerechnet. (András Szigetvari, 9.2.2021)