Wien – Das Stimmungstief, es kam nicht erst mit Corona. Aber die Pandemie nimmt in der Rangliste der Sorgen auch bei den heimischen mittelständischen Betrieben den ersten Platz ein. Zum ersten Mal seit der Weltwirtschaftskrise vor fast 13 Jahren rechnen mehr Unternehmen mit einer Verschlechterung ihrer Geschäftslage als mit einer Verbesserung. Das geben sie in einer Umfrage des Beraters EY im Jänner zu Protokoll. Befragt wurden die Führungskräfte von 800 mittelständischen, nicht kapitalmarktorientierten Unternehmen mit 30 bis 2.000 Mitarbeitern.

Wobei es naturgemäß eine deutliche Spreizung bei den Branchen und Regionen gibt. Industrielastige Bundesländer wie Oberösterreich kommen besser durch die Krise. Gewerbe, Bau, Industrie hat die Krise weniger stark getroffen als den Tourismus. Das schlägt sich auch in der Umfrage nieder. Im Immobilien- und Bausektor sind noch fast zwei Drittel der KMUs zufrieden mit der Geschäftslage, gefolgt vom Sektor Energie- und Wasserversorgung. Diese beiden Branchen sind die einzigen, in denen mehr Befragte das Geschäftsklima positiv als negativ einschätzen. Schlusslicht ist nicht überraschend der Tourismus.

Lehrlinge, Facharbeiter: Geht es nach den Betrieben, fehlen ihnen vielfach die richtigen Leute. Auch in Zeiten einer hohen Arbeitslosigkeit.
Foto: Heribert Corn

Auch der Blick in die Zukunft ist getrübt: Ein Viertel der Befragten rechnet mit einer weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation, vor rund einem Jahr waren das neun Prozent. Doch eines bleibt auch in Corona-Zeiten unverändert gegenüber den Befragungen in den Jahren davor, sagt Erich Lehner, Mittelstandsexperte bei EY: Die eigene Lage wird immer noch besser eingeschätzt als die Wirtschaftsaussichten insgesamt. Fast zwei Drittel der Mittelständler gehen davon aus, dass sich die Inlandskonjunktur im ersten Halbjahr verschlechtern wird, nur jedes fünfte Unternehmen erwartet Besserung.

Was überrascht angesichts des Umstandes, dass nur neun Prozent der Betriebe daran denken, die Belegschaft aufzustocken: Der Fachkräftemangel bleibt gleich nach der Sorge vor einem neuerlichen Ausbruch einer Pandemie das drängendste Thema. Immerhin drei Viertel sehen darin die stärkste Gefahr für die Entwicklung ihres Unternehmens. "Während manche Branchen aktuell schwer mit der Finanzierbarkeit ihrer Mitarbeiter zu kämpfen haben, suchen andere händeringend nach qualifiziertem Personal", sagt Lehner.

Sie würden allerorts fehlen, so Lehner und spricht eher von einem Arbeitskräftemangel – unter anderem aus demografischen Gründen: in Industriebetrieben, in Gewerbebetrieben, als Lehrlinge und als Facharbeiter, auch gute Betriebswirte seien gesucht. Gerade deswegen seien die Kurzarbeitsregelungen goldrichtig, "ein super Instrument", wie Lehner urteilt. Zwar stünden derzeit viele Kräfte am Arbeitsmarkt zur Verfügung, alleine ihnen fehle oft die richtige Qualifikation.

Immer noch hätten junge Menschen zu wenig Interesse an technischen Berufen, ist zu hören.
Foto: Novartis Sandoz

Positiv schätzt er auch die Wirkung der Investitionsprämie ein. "Sie ist sehr zielgerichtet und hat wirklich etwas bewirkt", so Lehner. Trotz der getrübten Stimmung seien die Betriebe bereit, Geld in die Hand zu nehmen. Das geben sie auch in der Umfrage zu Protokoll. Immerhin jedes dritte Unternehmen will in den kommenden Monaten sogar verstärkt investieren, bei der Hälfte werden die Investitionen voraussichtlich zumindest nicht zurückgeschraubt. Nur rund jeder siebte Betrieb hat vor, diese Ausgaben zu drosseln.

Corona habe wohl auch den einen oder anderen Innovationsschub ausgelöst, so Lehner, der rät, hier nicht auf halbem Weg stehen zu bleiben. "Jetzt kann man radikal umbauen." Die Herausforderungen seien mit Digitalisierung, Klimawandel, Schutz der IT-Infrastruktur und Wettbewerbsdruck groß. (rebu, 9.2.2021)