Drehbuchautor und Oscar-Preisträger Jean-Claude Carrière starb 89-jährig in Paris.

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Paris – Selbst wer mit dem Namen Jean-Claude Carrière nichts verbinden sollte, hat mit großer Wahrscheinlichkeit einen seiner Filme gesehen. Vor allem mit dem Surrealisten Luis Buñuel verband den Drehbuchautor eine lange Zusammenarbeit: von Das Tagebuch einer Kammerzofe, in dem er selbst als Pfarrer auftrat, über Belle de jour bis zu späteren Filmen wie Der diskrete Charme der Bourgeoisie.

Nicht nur die Lust an der Kenntlichmachung der Scheinheiligkeit des saturierten Bürgertums war den beiden gemeinsam, auch ihr Humor. Buñuel holte sich Carrière einst ins Boot, weil er für das komische Genie Jacques Tati Romanfassungen seiner Filme (Mon oncle) verfasst hatte. Beide liebten Buster Keaton.

Sohn eines Winzers

Diese Allianz ebnete den Weg für eine lange Karriere, die mehr Namen umfasst, als ein Leben Platz hat: Louis Malle (Viva Maria!), Jean-Luc Godard (Rette sich, wer kann), Miloš Forman (Valmont), Volker Schlöndorff (Die Blechtrommel), Peter Brook (Mahabharata) – bis zu Michael Hanekes Das weiße Band, das er dramaturgisch überarbeitete.

Carrière war für die Regisseure Komplize wie Widerpart in einem und äußerst anpassungsfähig. Der 1931 in Südfrankreich geborene Sohn eines Winzers, der in einem Haushalt ohne Bücher aufwuchs, hatte, sieht man von seinen ketzerischen Anfängen einmal ab, kein durchgängiges Thema. Mit enzyklopädischem Wissen ausgestattet, dachte er durch das Material, scheute keine "unverfilmbaren" Brocken. Den Zuschauer wollte er mit dem "entfernten Blick" ködern: Die Perspektive suchte er außerhalb der Milieus der jeweiligen Stoffe.

2014 erhielt der Mann, den die ganze Menschheitsgeschichte zu faszinieren schien, einen Oscar für sein Lebenswerk. Am Montag ist Jean-Claude Carrière im Alter von 89 Jahren gestorben. (Dominik Kamalzadeh, 9.2.2021)