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Das US-Kapitol ist während des Impeachment-Prozesses besonders gut gesichert.

REUTERS/Joshua Roberts

Frage: Warum findet das Impeachmentverfahren gegen Donald Trump noch statt, er ist ja nicht mehr US-Präsident?

Antwort: Aus der Sicht der Demokraten hat der Angriff auf das Kapitol gezeigt, dass die Gefahr, die von Trump für die US-Demokratie ausgeht, so groß ist, dass er auch für die Zukunft vom Amt ausgeschlossen werden muss. Nachdem der Impeachment-Prozess während Trumps Amtszeit eingeleitet worden sei, müsse er auch zu Ende gebracht werden, so das Argument. Gegner sagen: Der Sinn eines Impeachments ist laut Verfassung die Amtsenthebung, nicht eine Bestrafung. Darum sehen sie das Argument, der Senat könne nach Trumps Ausscheiden aus dem Amt keinen Prozess mehr führen, als gerechtfertigt an. Die Klärung dieser Frage steht am Anfang der heutigen Verhandlung.

Frage: Gibt es einen Präzedenzfall?

Antwort: Als Präzedenzfall wird ein Beispiel aus dem Jahr 1876 genannt. Damals startete das Repräsentantenhaus ein Verfahren gegen den Kriegsminister William Belknap, nachdem klar geworden war, dass Korruption und Bestechung hinter seinem extravaganten Lebensstil steckten. Er trat vor der finalen Abstimmung zurück. Abgestimmt wurde trotzdem. Das Argument: Politiker sollen sich nicht durch Rücktritt der Strafe entziehen können.

Frage: Von welchen Strafen sprechen wir im Falle Trumps?

Antwort: Die US-Verfassung sieht als Strafe neben der Amtsenthebung auch eine "Aberkennung der Befähigung" vor, ein öffentliches Amt auszuüben. Trump würde bei einer Verurteilung aber wohl nicht auf die Privilegien verzichten müssen, die einem ehemaligen Präsidenten zustehen. Darunter eine ansehnliche Pension, lebenslange Krankenversicherung oder Reisespesen. Diese Vorteile werden nur einem Präsidenten entzogen, der während seiner Amtszeit enthoben wird.

Frage: Was wird Trump eigentlich vorgeworfen?

Antwort: Der Vorwurf lautet "Anstiftung zum Aufruhr". Trump wird die Anstachelung seiner Anhänger bei der Erstürmung des Kapitols zur Last gelegt. Sein Verhalten in den Monaten vor dem 6. Jänner, seine stete Behauptung, die Wahl sei gefälscht und gestohlen, und vor allem seine Rede am 6. Jänner vor den Protestierenden in Washington hätten letztlich zu dem Sturm des Kapitols geführt. Erwähnt wird in der Anklageschrift auch noch Trumps Anruf beim republikanischen Innenminister von Georgia, Brad Raffensperger, den er aufgefordert hatte, ausreichend Wahlzettel "zu finden", um das Ergebnis zu kippen.

Frage: Wann ist mit einem Urteil zu rechnen?

Antwort: Das gesamte Verfahren dürfte diesmal nur einige Tage dauern, was auch im Sinne des US-Präsidenten Joe Biden wäre, der so schnell wie möglich sein Corona-Paket umsetzen möchte. Schon kommende Woche könnten die Senatoren und Senatorinnen ihr Urteil sprechen. Das wäre dann der kürzeste Impeachment-Prozess der US-Geschichte.

Frage: Wie stehen die Chancen, dass das Impeachment durchgeht und Trump verurteilt wird?

Antwort: Für eine Verurteilung ist eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Da im Senat derzeit 50 aus der Republikanischen und 50 aus der Demokratischen Partei sitzen, müssten 17 Republikaner mit den Demokraten stimmen. Das ist zumindest aus jetziger Sicht unwahrscheinlich. Nur einige wenige aus der Republikanischen Partei sind bisher ausgeschert, sie gehören aber alle zum konservativen Parteiestablishment und gehen das Risiko ein, von den zahlreichen Trump-Unterstützern in Wahlen abgestraft zu werden.

Frage: Wird Trump selbst im Senat aussagen?

Antwort: Nein. Trump hat die Einladung von Demokraten mit dem Argument zurückgewiesen, er werde nicht in einem verfassungswidrigen Verfahren aussagen.

Frage: Welches Risiko birgt der Prozess für die Demokraten?

Antwort: Biden hat sich ja zum großen Versöhner erklärt. Zumindest eine politische Versöhnung könnte das Impeachment blockieren. Im Senat könnte Biden dann nur Vorhaben durchbringen, die eine einfache Mehrheit benötigen. (Manuela Honsig-Erlenburg, Michael Vosatka, 9.2.2021)