Seltene Wildtiere werden oftmals als Delikatessen betrachtet.

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Die österreichische Reaktion auf die Covid-19-Seuche ist unkoordiniert, zögerlich und wird von allerlei Provinzfürstentümern behindert. Das ist ein äußerst ungünstiger Befund, denn die Corona-Pandemie wird nicht die letzte sein, die über uns hereinbricht.

Nein, nicht "hereinbricht", sondern fahrlässig herbeigeführt wird, und zwar durch das menschliche Verhalten. Wir dringen einerseits massiv in den Lebensraum von Wildtieren ein und holen uns dadurch Viren, mit denen wir sonst nicht oder kaum in Kontakt gekommen wären; andererseits erzeugen wir durch Massentierhaltung in den entwickelten bzw. industrialisierten Ländern immer wieder Bedingungen, die zur Entstehung von Viren, die auch auf den Menschen überspringen können, beitragen.

Das Vordringen besonders in tropische Regenurwaldgebiete, komplett mit Abholzung, begünstigt diesen Kontakt. Dazu kommt die fatale Neigung großer Bevölkerungen, sich aus diesen Gebieten mit "bushmeat" zu versorgen. Zwei der tödlichsten Seuchen der neueren Geschichte, die Millionen Opfer gefordert haben, gehen mit größter Wahrscheinlichkeit auf den Verzehr von infizierten Affen in West- und Zentralafrika zurück. Nämlich HIV/Aids (33 Millionen Tote seit 1980) und Ebola.

Dieses Überspringen von Tieren auf den Menschen nennt man Zoonose (zusammengesetzt aus den altgriechischen Worten für "Tier" und "Krankheit"). Ähnlich ist es mit dem Ausbruch von Covid-19, den man auf die südchinesische Tradition zurückführt, seltene Wildtiere als Delikatessen zu betrachten. Entweder waren es Fledermäuse oder Schuppentiere ("Pangolin"), die auf dem Wildtiermarkt der zentralchinesischen Millionenstadt Wuhan verkauft wurden und die Covid-Pandemie auslösten. Die Kommission der WHO, die nach Wuhan gereist ist, sagte jetzt, es sei jedenfalls ein Tier der Zwischenwirt gewesen – und das Virus sei nicht aus dem Labor entkommen.

Chinesische Feinschmecker sind wohl auch für den Ausbruch der Lungenkrankheit Sars 2002/ 2003 verantwortlich, die auf den Verzehr von Zibetkatzen aus der Provinz Yunnan zurückgeführt wurde.

Aber auch die (Massen-)Haltung von ganz normalen Nutzvögeln wie Hühnern, Puten, Enten und Gänsen kann angesichts des engen Zusammenlebens mit den Menschen in den Dörfern zur Gefahr werden. Die großen Vogelgrippen, die in regelmäßigen Abständen ausbrechen, haben zwar bisher nur zu relativ wenig Übertragungen auf den Menschen geführt, aber die Hongkong-Grippe von 1968 (ca ein bis zwei Mio. Tote weltweit) entstand aus einer Kombination von Geflügelpest auslösenden Viren und bereits unter Menschen zirkulierenden Influenzaviren. Das ist der Grund, warum immer wieder beim Auftreten solcher Erkrankungen in industrialisierten Tierfabriken der Welt der gesamte (Millionen-)Bestand getötet wird – 1997 in Südchina und 2014 in Südkorea der gesamte Zuchtgeflügelbestand und jetzt in Dänemark und anderen europäischen Ländern Millionen von Zuchtnerzen (allein in Dänemark 15–17 Millionen). Pervers? Eindeutig. Wer hätte überhaupt gedacht, dass es so viele Zuchtnerze gibt?

Pandemieforscher sagen daher, wir müssten die aktuelle Pandemie als "Generalprobe" begreifen. Oder als letzte Warnung? (Hans Rauscher, 9.2.2021)