Leipzig tritt in Budapest gegen Liverpool an.

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Köln – Aufgrund diverser Corona-Reisebeschränkungen mussten zahlreiche Europacup-Spiele im Fußball örtlich verschoben werden. So geht etwa das Sechzehntelfinal-Hinspiel der Europa-League zwischen Real Sociedad und Manchester United am 18. Februar aufgrund von Beschränkungen für Reisen aus Großbritannien in Turin über die Bühne. Benfica gegen Arsenal findet in Rom statt.

Betriebsausflüge

Die Champions-League-Spiele von RB Leipzig gegen Liverpool (16. Februar) und Borussia Mönchengladbach gegen Manchester City (24. Februar) finden nicht in Deutschland, sondern in Budapest statt. Dort dürfte laut "Marca" auch das Duell zwischen Atletico Madrid gegen Chelsea über die Bühne gehen. Englische Teams dürfen aufgrund der Corona-Mutationen auf der britischen Insel derzeit nicht nach Deutschland einreisen.

Hoffenheims EL-Kontrahent Molde FK darf in Norwegen keine ausländischen Gegner empfangen und lotste die Kraichgauer ins spanische Villarreal um.

Kritik am Fußball-Tourismus

Durch die Verlegung der Europacup-Spiele haben die Topklubs aus der deutschen Bundesliga die Debatte über die Privilegien ihrer Branche wieder angestoßen. Die "Betriebsausflüge" von RB Leipzig und Borussia Mönchengladbach nach Ungarn sowie der TSG Hoffenheim nach Spanien für Millionen-Einnahmen im internationalen Geschäft stoßen auf immer mehr Kritik.

"Es ist schon befremdlich, welche Maßnahmen ergriffen werden. Jeder durch diese Verlegungen zusätzliche Kontakt ist einer zu viel", kommentierte die Bundestags-Sportausschussvorsitzende Dagmar Freitag auf SID-Anfrage den wieder zunehmenden Fußball-Tourismus quer über den Kontinent: "Eines macht das Vorgehen wieder klar: Am Ende dreht sich die Fußball-Welt in ihrem eigenen Kosmos – und vor allem ums Geld."

Freitag erinnerte an die Sonderstellung des Fußballs und die damit verbundene Verantwortung. "In der Pandemie-Bekämpfung sind wir an einem fragilen Punkt. Der Fußball tut dennoch so, als habe er mit all dem nichts zu tun", meinte die SPD-Politikerin: "Der Fußball hat eine sehr komfortable Position. Ich habe den Eindruck, dass diese mittlerweile als völlige Selbstverständlichkeit wahrgenommen wird. Ein wenig mehr Demut täte mit Blick auf den Rest der Gesellschaft ganz sicher gut."

Virologin: "Vernünftige Lösung"

Für die Virologin Ulrike Protzer hingegen stellen die Budapest-Trips keine unkalkulierbaren Risiken dar. "Es ist eine vernünftige Lösung", sagte die 58-Jährige von der Technischen Universität München bei Sky Sport News: "Die Ungarn sind im Moment mit den Zahlen auf dem gleichen Niveau, wie wir es sind."

In der Politik jedoch befürchtet nicht nur Freitag durch die zusätzlichen Flüge die Aussendung einer unpassenden Botschaft an die Bevölkerung. "Das ist auch mal verzichtbar an dieser Stelle", sagte SPD-Generalsekretär und DFL-Taskforce-Mitglied Lars Klingbeil schon zu Wochenbeginn: "Der Wettbewerb darf da nicht an erster Stelle stehen." Auch sein Parteikollege und Gesundheitsexperte Karl Lauterbach zeigte kein Verständnis: "Wir sollen alle auf Reisen verzichten. Ich verstehe nicht, warum wir für den Profizirkus eine Ausnahme machen sollten." (sid, red, APA, 9.2.2021)