Manche erinnern sich noch an die schiefgetretenen Sohlen, das ausgelatschte Fußbett, auf dem die Zehen dunkle Abdrücke hinterlassen hatten. Birkenstocks, das waren in den Siebzigern und Achtzigern nicht einfach nur Hausschuhe. Die Teile waren ökologisches Bekenntnis ("gemacht, um kompostiert zu werden") und Lebenseinstellung ("Ich laufe auf jeder Friedensdemo mit!") in einem. Birkenstocks waren leistbar, dennoch trug man sie, bis der Riemen riss oder die Sohle löchrig war. Selbst Steve Jobs hielt sich damals an dieses ungeschriebene Gesetz.

Das mag lange her sein, doch ein bisschen ergeht es dem Birkenstock-Schlapfen wie den Grünen. Man hat die Bilder von damals im Kopf, und obwohl sie heute ganz anders aussehen: Wirklich wahrhaben will man nicht, dass die Birkenstocks von damals nicht jene von heute sind. Gegen diese Wehmut haben selbst Kooperationen mit Heidi Klum nichts ausrichten können: Anfang der Nullerjahre setzte das Model Nieten auf die Latschen, die plötzlich in Gold und Silber daherkamen.

Seither ist viel Zeit vergangen: Birkenstocks gehören zur Grundausstattung jedes Schuhschranks von Brooklyn bis Wien-Neubau. Sogar das französische Modehaus Céline schmuggelte unter der Designerin Phoebe Philo eine Pelzsandale in die Frühjahrskollektion 2013, die an den Arizona-Schlapfen von Birkenstock angelehnt schien. Heute produziert die deutsche Marke selbst ähnliche Modelle.

Das Interesse der Modewelt wussten "the Germans" aus Neustadt/Wied für sich zu nutzen. Sie gruben in den letzten Jahren mit limitierten Kollektionen eine modeaffine Kundschaft an. Eine mit Rinderfell bezogene Arizona-Schlapfe von Rick Owens zum Beispiel kostete 285 Euro, das ist das Vierfache des Arizona-Standardmodells.

Foto: Document Journal/ Birkenstock

Es könnte sein, dass das bei Birkenstock die Zukunft ist. Seit einigen Tagen machen nämlich Übernahmegerüchte die Runde: Das vom französischen Luxusmodekonzern LVMH unterstützte Private-Equity-Haus L Catterton soll an dem deutschen Schuhunternehmen interessiert sein. Ob eine solche Übernahme die Preise für die Birkenstocks in die Höhe schnellen lässt? So abwegig ist das nicht.

Wie die Luxus-Birkis aussehen könnten, hat eben erst die New Yorker Künstlergruppe "Mschf" angedeutet. Sie zerlegte vier Exemplare der Birkin Bag von Hermès und machte daraus Schlapfen: Zwischen 34.000 und 76.000 Dollar legten die Käufer für die "Birkinstocks" hin.

So wie die Zeichen stehen, kann es nicht schaden, sich jetzt noch eine Gesundheitslatsche zuzulegen. Und sie zu tragen, bis sie auseinanderfällt. Vielleicht geht sich ja bis dahin ein Luxusmodell aus. (Anne Feldkamp, 11.2.2021)