Ungewöhnlich für Österreich: Ab Freitag gibt es auch inländische Grenzkontrollen. Manche Details sind noch unklar.

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Am kommenden Freitag um Punkt null Uhr tritt das neue Ausreiseregime in Nordtirol in Kraft. Dann werden insgesamt 600 Soldaten und gut 400 Polizeibeamte an – nach derzeitigem Stand – 26 Grenzübergängen aufmarschieren. Sechs dieser Grenzübergänge werden aber innerösterreichische zu Salzburg und Vorarlberg sein. Die restlichen 20 betreffen Deutschland und Italien. Die Bundesregierung hat angekündigt, dass ab Freitag zum Verlassen Tirols ein negativer Corona-Test nötig ist, der nicht älter als 48 Stunden sein darf. Ausgenommen von der Maßnahme ist Osttirol, das geografisch von Nordtirol getrennt ist. Dort konnten trotz hoher Infektionszahlen bislang keine Virusmutationen nachgewiesen werden. Viel mehr ist an Details noch nicht bekannt, da die entsprechende Verordnung am Mittwoch noch vom Gesundheitsministerium erarbeitet wurde.

Dementsprechend ratlos war man auf Nachfrage beim Polizeikommando Tirol. Das Einsatzkonzept werde derzeit ausgearbeitet, bestätigte Sprecher Stefan Eder. Tirols Exekutive stehe vor einer "großen Herausforderung". Kontrolliert werden ab Freitag das gesamte grenzüberschreitende Straßennetz, von der Landesstraße bis zur Autobahn, die Züge sowie der Flughafen Innsbruck. Wer aus dem Ausland einreisen will, wird schon jetzt kontrolliert. Ab Freitag gilt das auch für alle Ausreisenden, sowohl an den Außen- wie auch an den Binnengrenzen zu Vorarlberg und Salzburg. Die Polizei sei angehalten, "möglichst engmaschige Kontrollen" durchzuführen.

Personal wird knapp

Das bedeute einen enormen Personalaufwand, den die Tiroler Exekutive allein nicht stemmen könnte. Daher erhält sie Unterstützung von Kolleginnen und Kollegen aus den Nachbarbundesländern. Man werde zudem auf Beamte zurückgreifen, die sich noch in Ausbildung befinden, bestätigte Eder. Zugleich wird aber betont, dass die herkömmlichen sicherheitspolizeilichen Aufgaben nicht unter den ab Freitag geltenden Maßnahmen leiden werden. Zwar sei die Exekutive personell seit Beginn der Pandemie extrem gefordert, doch man habe dank Zusammenarbeit über die Bundesländergrenzen hinweg noch Personalreserven zur Verfügung.

Das Gros des ab Freitag zur Grenzsicherung Tirols eingesetzten Personals stellt das österreichische Bundesheer. Frank Nalter, Sprecher des Militärkommandos Tirol, bestätigte am Mittwoch, dass vom Land Tirol als Auftraggeber insgesamt vier zusätzliche Assistenz-Kompanien angefordert wurden. Die Soldatinnen und Soldaten werden bis Donnerstag in Tirol erwartet und vor Ort für den Pandemieeinsatz geschult. Ab Mitternacht werden sie an den Grenzen stationiert. Dabei wird eine Kompanie der Militärpolizei eigens für die Kontrolle an den sechs innerösterreichischen Grenzübergängen herangezogen. Dort werden keine herkömmlichen Exekutivbeamten, sondern nur die Militärpolizei kontrollieren, erklärte Nalter.

Nordtirol grenzt an drei Nachbarländer – und zwei österreichische Bundesländer.
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Neben der Kontrolle bietet das Heer an vier innerösterreichischen Grenzstandorten auch Schnelltests an. "Für den Fall, dass jemand keinen negativen Test vorweisen kann wie verlangt, kann dieser auch vor Ort durchgeführt werden", erklärte Nalter. Diese vier Testmöglichkeiten wird es im Tiroler Unterland in Waidring, Hochfilzen und am Pass Thurn sowie im Oberland an der Vorarlberger Grenze bei Schnann geben. Während es seitens der Bundesregierung hieß, dass nur bei der Ausreise kontrolliert werde, betonte Militärsprecher Nalter, dass die Soldaten angehalten seinen, an innerösterreichischen Grenzen auch bei der Einreise zu kontrollieren, ob ein negatives Testergebnis mitgeführt wird. An den Grenzen zum Ausland wird ohnehin in beide Richtungen geprüft.

Noch unklar war am Mittwoch, wie man mit dem Transitverkehr umgehen wird. Gerade über die Inntal- und Brennerautobahn rollt ein beträchtlicher Teil des europäischen Nord-Süd-Schwerverkehrs. Eigentlich müssten die Lkw-Lenker bei ihrer Ausreise aus Tirol einen negativen Test vorlegen. Im Frühjahr 2020, als Tirol unter Quarantäne stand, hatte das Innenministerium erklärt, dass der Schwerverkehr bei der Ein- und Ausreise kontrolliert werde. In der Praxis ist das nicht passiert, weil es logistisch kaum umsetzbar wäre. De facto wurden die Lkw-Lenker aufgefordert, das Land ohne Halt zu durchqueren. Man baute dabei auf die freiwillige Kooperation.

Transit als Schlupfloch

Die Transitfrage ist deshalb wichtig, weil es in Tirol bisher ein offenbar beliebter Weg war, die Einreisekontrollen zu umgehen, indem man angab, nur auf der Durchreise zu sein. Wer trotzdem im Land blieb, um etwa Ski fahren zu gehen, musste kaum fürchten, entdeckt zu werden, da bisher offenbar nicht wirklich kontrolliert wurde, ob Transitreisende auch tatsächlich wieder das Land verlassen haben.

Fragen wirft auch die Kontrolle des Zugverkehrs auf. Die ÖBB twitterten am Dienstagabend, dass man davon ausgehe, dass für die Ausreise aus Tirol ein negativer Corona-Test, der nicht älter als 48 Stunden ist, benötigt werde: "Das gilt aus heutiger Sicht auch für Transitreisende aus Vorarlberg. In Zügen und auf Bahnhöfen können Behörden die notwendigen Tests kontrollieren." Das deckt sich mit der Information des Militärkommandos Tirol vom Mittwoch, wonach Bundesheer und Polizei "an neuralgischen Bahnhöfen" kontrollieren sollen. Wie das genau funktionieren werde, war vorerst noch unklar. (Steffen Arora, 11.2.2021)