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Seit dem Sturm auf das Kapitol am 6. Jänner, über dessen Verantwortung im Senat verhandelt wird, wurden die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt.

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Bruce Castor, Hauptverteidiger von Ex-US-Präsident Donald Trump in dessen zweitem Impeachment- Prozess, ging am Dienstagabend nach dem ersten Verhandlungstag nicht als Sieger vom Feld.

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Am zweiten Tag des Impeachment-Prozesses gegen Ex-Präsident Donald Trump zeigte die Anklage Aufnahmen vom 6. Jänner, als Anhänger Trumps das Kapitol stürmten. Die Videos zeigen, wie radikale Trump-Anhänger am 6. Jänner gewaltsam in das Kapitol eindrangen, Polizisten attackierten und durch das Parlament zogen.

So hat ein Polizist den prominenten republikanischen Senator Mitt Romney in letzter Minute vor einem Zusammenstoß mit den Eindringlingen bewahrt. Die zuvor unveröffentlichten Aufnahmen zeigten, wie Eugene Goodmann durch einen Korridor des Kapitols lief und den entgegenkommenden Senator warnte. Romney kehrte daraufhin sofort um und lief los. Romney ist als prominenter Kritiker Trumps bekannt. Es ist nicht abzusehen, was bei einer Begegnung des Senators mit den wütenden Anhängern Trumps hätte passieren können.

Chefankläger Jamie Raskin bezeichnete Trump am Mittwoch als "Chef-Anstifter", er habe den Angriff angezettelt und ihn kommen gesehen. Er sei kein unschuldiger Beobachter, sondern "ganz und gar verantwortlich".

Bereits am ersten Tag des Prozesses hatte die Anklage auf schockierende Videoaufnahmen gesetzt: Sie zeigen, wie am 6. Jänner ein entfesselter Mob gegen Polizeisperren anrennt. Wie uniformierte Beamte aus dem Weg geprügelt werden und die Angreifer mit Rufen wie "Hängt Mike Pence!" durchs Kapitol ziehen. Und wie Sprechchöre angestimmt werden: "Kämpft für Trump!" Dazwischen waren immer wieder Ausschnitte aus der Rede des Ex-Präsidenten vor seinen Anhängern zu sehen, etwa "Wenn ihr nicht kämpft wie der Teufel, werdet ihr kein Land mehr haben."

Frage nach der Strategie

Trumps Anwälte traten hingegen am Dienstag teils erratisch auf – was die Frage aufwarf: Wieso stockt die Verteidigung dermaßen? Zum einen ist da das Offensichtliche: Das Team, das der Ex-Präsident für sich rekrutiert hat, besteht nicht aus juristischen Schwergewichten, und es hatte auch kaum Zeit, sich einzuspielen. Erst eine Woche vor Beginn des Prozesses hatte Trump Castor, Schoen und den Dritten im Bunde, den öffentlich eher unbekannten Anwalt Michael van der Veen, für seine Verteidigung engagiert. Ein anderes Anwaltsteam, das sich bis dahin auf das Impeachment vorbereitet hatte, legte da seine Aufgaben zurück.

Dass die Advokaten sich mit ihrem Klienten auf eine gemeinsame Strategie geeinigt haben, scheint unwahrscheinlich. Laut Berichten von CNN soll Trump den Prozessauftakt in seinem Golfressort in Mar-a-Lago im TV verfolgt haben. Dabei habe er während der Ausführungen Castors den Fernseher regelrecht angeschrien – und sich erkundigt, ob er sein Team nicht noch wechseln könne. Das allerdings dürfte laut den Regeln des Senats zumindest sehr schwierig sein.

Offenbar hatten diese sich schon zuvor seinen Wünschen widersetzt. Trump soll von ihnen gefordert haben, auch im Impeachment-Prozess die Lüge zu wiederholen, er habe in Wahrheit die Wahl gewonnen, berichtet die Washington Post. Das hätten die Anwälte aber nicht tun wollen – auch aus Sorge um ihre Lizenzen bei der Anwaltskammer.

Unfreiwilliges Geständnis

Schoen, der später auch bei Fox News auftrat, brachte dort auch noch einen Argumentationsstrang auf, den eigentlich die Demokraten bei der Schilderung der Ereignisse ab Mittwochabend nutzen wollten. Er sagte dort unter anderem, die Demokraten würden eine "ebenso hetzerische Sprache verwenden wie Donald Trump, sogar noch schlimmere, aber sie haben nicht gleichermaßen begeisterte Anhänger". Genau das, dass der Ex-Präsident seine Position ausgenützt habe, um seine Fans bewusst zur Gewalt anzustacheln, will auch die Anklage belegen.

Dass sie letztlich genug Republikaner überzeugen kann, gilt dennoch als sehr unwahrscheinlich. Letztlich, so heißt es, hätten wohl beide Seiten ein Interesse daran, das Verfahren schnell hinter sich zu bringen. Denn Trumps Nachfolger, Präsident Joe Biden, braucht den Senat eigentlich für andere Aufgaben. Die Abgeordneten sollen seine Kandidatinnen und Kandidaten für Regierungsämter bestätigen – und das Corona-Hilfspaket auf den Weg bringen. (Manuel Escher, Noura Maan, 10.2.2021)