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Bill Cassidy zeigt dem Ex-Präsidenten im Prozess die kalte Schulter.

Foto: Chip Somodevilla/Getty Images/AFP

Da waren’s plötzlich sechs: Am Ende des ersten Tages im Amtsenthebungsprozess gegen Donald Trump kam es zur Abstimmung über die Rechtmäßigkeit eines solchen Verfahrens – eine Formalität, denn es war klar, dass mit den 50 demokratischen Senatorinnen und Senatoren auch fünf aus dem republikanischen Lager mitstimmen würden. Doch das Votum sorgte für eine Überraschung: Bill Cassidy aus Louisiana war plötzlich auf der Seite der Kläger.

Der 63-jährige Mediziner, geboren im nördlichen US-Bundesstaat Illinois, aber seit seiner Kindheit in Louisianas Hauptstadt Baton Rouge zu Hause, absolviert seine zweite Amtszeit als Senator und kann längst als Berufspolitiker bezeichnet werden. Bevor er in den US-Senat einzog, war er zunächst State Senator in Louisiana und drehte auch zwei Runden im Washingtoner Repräsentantenhaus.

Lager gewechselt

Vielleicht liegt es an seiner politischen Vita, dass er nun de facto das Lager wechselt, indem er sich auf die Seite jener schlägt, die Trump der Aufwiegelung zur Gewalt gegen den US-Kongress – und damit gegen das amerikanische Volk – beschuldigen: Bis 2001 war Cassidy nämlich Demokrat. Er unterstützte 1988 Michael Dukakis’ chancenlose Kandidatur gegen George Bush sen., 1992 dann Paul Tsongas, der im Vorwahlkampf gegen den späteren US-Präsidenten Bill Clinton unterlag. Erst 2001, mit 44 Jahren, wechselte der mit einer Ärztin verheiratete Vater dreier Kinder zu den Republikanern – und machte dort bald Karriere.

Zunächst blieb Cassidy aber noch stark im medizinischen Bereich engagiert, sei es bei der Sicherstellung der Versorgung für Nichtversicherte in seiner Heimatstadt Baton Rouge, sei es beim Meistern des Notstands im Süden der USA wegen Hurrikan Katrina 2005.

Während Cassidy heute im Senat bei der Steuerpolitik teils mit den Demokraten mitgeht, zieht er sich etwa beim Thema Waffengesetze auf typisch konservative Standpunkte zurück. Seinen parteiintern heftig kritisierten Schwenk im Impeachment-Prozess begründet der Senator – der nach überstandener Covid-Erkrankung auch zu jenen Republikanern zählt, die eine stringente Pandemiepolitik des Weißen Hauses unterstützen – mit dem "Chaos", das Trumps Anwalt Bruce Castor am Dienstag im Senat hinterlassen habe. Die Klägerseite hingegen habe mit zwingender Logik klargemacht, dass ein Prozess rechtmäßig sei. Ob der ehemalige US-Präsident letzten Endes schuldig sei, darauf wollte sich der 63-Jährige aber noch nicht festlegen. (Gianluca Wallisch, 10.2.2021)