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Mehr als 546.000 Euro kostete die Implementierung der Massentestplattform "Österreich testet", rund 190.000 Euro fallen monatlich für den weiteren Betrieb an. Das geht aus der Beantwortung parlamentarischer Anfragen der Neos und der SPÖ hervor. Kosten, die von mehreren Branchenkennern, mit denen DER STANDARD gesprochen hat, als enorm hoch kritisiert werden. Die Seite ist seit Ende vergangenen Jahres im Einsatz und erlaubt die Anmeldung für Corona-Tests auf 600 Teststraßen.

Christoph Klingler, Chef der Eventim Austria, zu der die Plattform Ö-Ticket gehört, versteht nicht, warum der Bund nicht auf bereits bestehende Systeme zugegriffen hat. Er habe die Systeme seines Unternehmens bereits Ende November angeboten, gekostet hätte die Adaption rund 50.000 Euro plus "geringe" laufende Kosten, sagt er. "Wir können mit hohen Zugriffszahlen umgehen", sagt Klingler, "schließlich verkaufen wir ja auch Ed-Sheeran-Konzerte." Das Gesundheitsministerium habe die Anfrage ans Verteidigungsministerium zur Prüfung weitergegeben, geantwortet habe niemand.

"Bruchteil"

Auf Landesebene greife nunmehr Niederösterreich auf Eventim-Systeme zurück, dafür liegen die Kosten im "niedrigen Tausenderbereich", sagt der Österreich-Chef des europäischen Ticketriesen. Ein weiterer Anbieter von Anmeldewebseiten, der allerdings nicht namentlich zitiert werden möchte, bezeichnet die Kosten als "exorbitant" hoch, man selbst würde für ein derartiges System nur einen "Bruchteil" verlangen.

Der Expertin für digitale Entwicklung, Michaela Schmalzl, zufolge würde selbst die "beste Serverinfrastruktur" lediglich 10.000 Euro monatlich an Wartungskosten erfordern. "Angenommen, es arbeiten nur die bestbezahlten Entwickler an diesem Projekt, die einen durchschnittlichen Stundensatz von 200 Euro haben. Dann müssten jeden Monat fünf Menschen den ganzen Tag nichts anderes machen, als durchgehend dieses System zu betreuen", sagt Schmalzl. Die Wartung der Anmeldeplattform allein bestehe maximal lediglich aus einem gelegentlichen Bugfix. Gleichzeitig beklagt sie die mangelnde Transparenz und Nutzerfreundlichkeit des Anmeldeportals. Es fehle sowohl eine Erklärung des Anmeldevorgangs als auch eine Metabeschreibung für Google, beklagt die Expertin. Dadurch wirke die Website vertrauensunwürdig.

World Direct: Kein einfaches Anmeldesystem

Die für die Umsetzung zuständige A1-Tochter World Direct erklärt auf Anfrage, dass es sich, ähnlich wie beim Epidemiologischen Meldesystem (EMS), um ein "hochkomplexes Datenbankprojekt" handle, bei dem die Anmeldefläche lediglich einen Teil ausmache. So müssten etwa sensible Daten in mehreren Rechenzentren gemanagt, E-Mail- und SMS-Benachrichtigungen ermöglicht, Schnittstellen ins EMS betreut, Termine in 600 Teststraßen betreut werden – und so weiter. Außerdem unterscheide sich die Infrastruktur wesentlich von einer "normalen Website". So bestehe sie aus 60 Servern.

"Ebenso muss dadurch auch der Support und die Betreuung durch World Direct rund um die Uhr erfolgen", sagt der Sprecher zum STANDARD. Zehn Mitarbeiter würden daher durchgehend an dem Projekt arbeiten. Weiters gebe es bisher 57 Anpassungswünsche der Länder, um den Anforderungen zu entsprechen. Etwa wurden bundeslandweite Administratoren geschaffen, eine Hotline für die Anmeldung sowie die Optimierung der Benutzerfreundlichkeit für Teststraßenmitarbeiter. Auch mussten etwa Laufzettel für Bürger nachträglich über einen personalisierten Link abrufbar gemacht werden.

Der Neos-Abgeordnete und Digitalisierungssprecher Douglas Hoyos kritisiert nebst der Kosten des Projekts, dass es massive Startschwierigkeiten bei der Plattform gegeben habe. Erst habe das Impressum gefehlt, dann seien Daten verlorengegangen: "Das alles zeigt, wie unprofessionell diese Bundesregierung – in diesem Fall Gesundheitsminister Anschober – hier agiert." (Muzayen Al-Youssef, Mickey Manakas, Aloysius Widmann, 11.2.2021)