Gut 1,3 Millionen Euro hat das digitale Kaufhaus der Regierung gekostet. Das Bild wurde vom Wirtschaftsministerium bei der Präsentation der Plattform aufgenommen.

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Der Niedergang des "Kaufhauses Österreich" hat juristische Folgen. Die SPÖ wird, wie berichtet, eine Ministeranklage einbringen. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) habe mit der virtuellen Plattform quasi ein Online-Telefonbuch ins Netz gestellt. Anders als dieses sei das "Kaufhaus" aber keineswegs gratis, sondern koste gut 1,3 Millionen Euro, kritisierte die SPÖ am Donnerstag.

Dabei rückte ein weiteres Mal die Rolle der Agentur Accenture ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Diese leiste immer dann Hilfe, wenn "etwas nicht funktionieren soll", sagte SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter mit Blick auf die traditionell gute Ausbeute des Konzerns bei öffentlichen Aufträgen. Ein Accenture-Sprecher sagt dazu, dass man erst Ende Oktober an Bord geholt worden sei, für rund 100.000 Euro habe man das Screendesign angepasst, das sind die Kosten für rund 100 Personen-Tage, die im Rahmen des Auftrags anfielen. An der Planung des rot-weiß-roten Online-Kaufhauses sei man nicht beteiligt gewesen.

Mehrere Subunternehmer

Accenture war nicht der einzige herangezogene Subunternehmer beim "Kaufhaus", HPC Dual Österreich GmbH war mit von der Partie, wie aus einer Anfragebeantwortung Schramböcks an die Neos hervorgeht.

Josef Schneider, Chef von HPC Dual, betont auf Anfrage aber, nie Dienstleister oder Subdienstleister für das "Kaufhaus" gewesen zu sein. Sein Unternehmen habe im Auftrag des Ministeriums lediglich Videos für Webinare erstellt, die Betriebe bei E-Commerce-Aktivitäten unterstützen sollen. "Mit der Plattform hat das nichts zu tun." Tobias Hermann, Chef der Digitalberatung, bestätigt, am Projekt beteiligt gewesen zu sein. Mehr dürfe er dazu aufgrund einer Vertraulichkeitserklärung nicht sagen.

Preis und Leistung passen beim Kaufhaus Österreich nicht zusammen, sagen SPÖ und Neos.
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Wie das Kaufhaus so teuer werden konnte, können auch Brancheninsider nicht so recht beantworten. Die Kosten für die Erstellung einer solchen Link-Sammlung seien deutlichen zu hoch angesetzt, sagen mehrere Fachkundige zum STANDARD. "Ich kenne mindestens vier Studentengruppen in Wien, die das für wenige Tausend Euro besser gemacht hätten", kritisiert einer davon.

Accenture verdient mit Bund

Die Abgeordneten von SPÖ und Neos nahmen den Bauchfleck des viel gescholtenen Kaufhauses auch zum Anlass, den vermeintlich guten Draht von Accenture zur öffentlichen Hand grundsätzlich zu hinterfragen. Das Unternehmen taucht nämlich sehr oft bei digitalen Projekten des Bundes auf. Accenture steht hinter der Stopp-Corona-App. Und auch darüber hinaus ist die Liste der Auftraggeber lang: vom Bundesrechenzentrum über die ÖBB, die Wirtschaftskammer bis hin zu diversen Ministerien.

Die Neos vermuten, dass hinter der Auftragsvergabe ein "spezielles Modell" steckt: Die Entitäten des Bundes, wie etwa das Bundesrechenzentrum (BRZ) oder das land-, forst-, und wasserwirtschaftliche Rechenzentrum (LFRZ), unterhalten Rahmenvereinbarungen mit Accenture. Rahmenverträge werden für bestimmte Leistungen ausgeschrieben, wer den Zuschlag erhält, kann dann direkt beauftragt werden.

BRZ und LFRZ könnten also ohne Ausschreibungen im Rahmen von In-House-Beauftragungen an diverse öffentliche Auftraggeber – wie Ministerien – liefern, monieren die Pinken in einer parlamentarischen Anfrage an das Wirtschaftsministerium.

Erfahrener Anbieter

Insgesamt würde Accenture oft "extrem gut abschneiden", meint Neos-Abgeordneter Helmut Brandstätter. Branchenkenner wundert das nicht, Accenture sei schließlich der größte und erfahrenste Anbieter. Bei Accenture will man die Vergabepraxis des Bundes nicht kommentieren, das habe nichts mit dem Unternehmen zu tun.

Den Auftrag für das Kaufhaus Österreich bekam Accenture vom LFRZ, das die Federführung innehatte. Das BRZ war operativ nicht involviert, sagte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums auf Anfrage des STANDARD. Beim LFRZ wollte man sich nicht zum Kaufhaus Österreich äußern.

Die 16 Abrufe um insgesamt mehr als zwei Millionen Euro aus Rahmenvereinbarungen mit Accenture, die es laut OffeneVergaben.at vom BRZ für Accenture seit Juli gab, haben nichts mit dem Kaufhaus Österreich zu tun. (Verena Kainrath, Nora Laufer, Aloysius Widmann, 12.2.2021)