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Böse Befristungen? In manchen Situationen ist Befristung ehrlicher und klarer, manchmal ermöglicht sie erst Karriere.

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Im Personalrecht der Universitäten gab es in der Vergangenheit Pendelbewegungen: Über viele Jahre hindurch hatten wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vielfach auch ohne Habilitation den Anspruch, pragmatisiert zu werden. In manchen Fächern gingen alle verfügbaren Stellen an Wissenschafter derselben Alterskohorte.

Die Folge war: Oft gab es jahrzehntelang keine Chancen für den wissenschaftlichen Nachwuchs, einen Platz im Wissenschaftsbetrieb zu finden. Dann gab es eine Phase, in der mit Ausnahme von berufenen Professorinnen und Professoren gar keine unbefristeten Arbeitsverhältnisse geschlossen werden durften. Dies erwies sich als erheblicher Nachteil für die Universitäten: Hochqualifizierten Wissenschaftern konnten keine Karriereperspektiven geboten werden.

Seit etlichen Jahren liegt die Entscheidung über die Personalstruktur in den Händen der Unis. Die Rahmenbedingungen dafür sind durch § 109 UG vorgegeben. Mit der bevorstehenden Novelle soll diese Vorschrift weiterentwickelt werden: Die Frage, wie lange gewartet werden muss, um neuerlich ein befristetes Arbeitsverhältnis schließen zu können, führt derzeit oft zu Unsicherheiten für alle Beteiligten. Auch ist es unbefriedigend, manchmal sogar nach jahrzehntelanger Tätigkeit an einer Universität nur über einen befristeten Vertrag zu verfügen.

Daher soll nicht mehr auf einzelne Arbeitsverhältnisse abgestellt werden, sondern eine Gesamtdauer festgelegt werden. Dabei werden auch unterbrochene und dann wieder neu abgeschlossene Verträge einbezogen. Nach Ablauf der Gesamtdauer, die je nach Typus des Arbeitsverhältnisses variieren kann, muss sich die Universität entscheiden, ob sie einen unbefristeten oder gar keinen Vertrag anbietet.

Personalpolitik

Eine verantwortungsvolle Personalpolitik strebt in den einzelnen Fächern ein ausbalanciertes Verhältnis von Laufbahnstellen und von befristeten Stellen an: Vielversprechenden Nachwuchswissenschafterinnen und -wissenschaftern müssen Karriereperspektiven geboten werden. Wissen und Erfahrung dürfen nicht verlorengehen. Daher braucht es Laufbahnstellen mit klar definierten Qualifizierungszielen.

Wenn aber in einem Fach nur Laufbahnstellen vergeben werden, kann dies wieder dazu führen, dass mehrere Jahrzehnte die nächsten Generationen von Forschenden keine Chance auf eine Stelle haben. Eine Generation würde letztlich auf Kosten der nächsten leben. Eine nachhaltige Personalpolitik darf die Generationengerechtigkeit nicht aus den Augen verlieren. Wissenschaft bedarf auch der laufenden personellen Erneuerung.

Daher braucht es auch Stellen, bei denen von vorneherein klar ist, dass sie nur befristet vergeben werden. Die Befristung ist notwendig, um auch späteren Generationen den Zugang zu einer wissenschaftlichen Ausbildung zu sichern. Wer sich für eine solche Stelle bewirbt, weiß, dass sie oder er auch bei bester akademischer Performance nur eine bestimmte Karrierephase an dieser Uni verbringen wird.

Die Befristung muss aber so bemessen sein, dass die Nachwuchswissenschafter ihre akademischen Qualifikationen (je nach Fach und Seniorität Doktorat, PhD, Habilitation etc.) erwerben können. Die Wissenschafter und Wissenschafterinnen werden auf diese Weise auf eine Karriere außerhalb der eigenen Universität vorbereitet.

Gründe für Befristung

Viele Unis bieten dazu Karrierebegleitungs- und Placementprogramme an. Sie unterstützen ihre Wissenschafter, sich mit ihren Papers am internationalen akademischen Jobmarkt zu präsentieren. Auch im eigenen Interesse: Exzellente Mitarbeiterinnen, die an renommierten Universitäten in aller Welt den nächsten Karriereschritt machen, tragen zur eigenen Reputation bei. Mitunter holen Unis ihre früheren Mitarbeiter, die woanders im In- oder Ausland erfolgreich tätig waren, in einer späteren Lebensphase wieder als Professorinnen und Professoren zurück.

Daneben gibt es Bereiche der Universitäten, in denen aus anderen Gründen nicht immer ein unbefristetes Arbeitsverhältnis in Aussicht gestellt werden kann: Der Lehrbedarf schwankt erheblich. Die Nachfrage in einzelnen Fächern ändert sich laufend. Daher ist es in manchen Konstellationen ehrlicher, nur ein befristetes Arbeitsverhältnis anzubieten: Ein unbefristeter Vertrag, der dann aber doch gekündigt werden muss, würde fälschlicherweise eine Lebensstellung erwarten lassen.

Mitarbeiter, die in von dritter Seite finanzierten befristeten Projekten tätig sind, können seriöserweise auch nur für diesen Zeitraum beschäftigt werden. Klarheit darüber zwischen allen Seiten ist wichtig.

Die Universitäten brauchen spezifische arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen, um eine verantwortungsvolle und auch langfristig nachhaltige Personalpolitik verfolgen zu können. Über die Perspektiven, die das jeweilige Arbeitsverhältnis bietet, soll zwischen allen Beteiligten Klarheit bestehen. (Michael Lang, 13.2.2021)