Krise? Welche Krise? Redet man mit Michael Graf, Geschäftsführer von Your Office, könnte man zunächst den Eindruck bekommen, die Pandemie sei eine Erfindung. Der Anbieter von Einzel- und Teambüros ab 15 Quadratmeter Größe in Wien und Graz hat im Sommer 2020 seine Flächen im Objekt Peak Vienna (vormals Florido Tower) erweitert und eröffnet dieser Tage neue Flächen im Ausmaß von 2.300 Quadratmetern im Bauteil 2 des Quartiers Belvedere Central beim Wiener Hauptbahnhof. Die hier im Bauteil 3 bisher verfügbaren rund 2.000 Quadratmeter waren viel schneller belegt als erwartet, "was gar nicht so optimal ist für einen Anbieter, der mit Flexibilität wirbt", sagt Graf schmunzelnd.

Kleine, abschließbare Büroeinheiten für Einzel- oder Kleinstunternehmen sind aktuell sehr gut nachgefragt.
Foto: Your Office

Allerdings, so Graf zum STANDARD, habe sich im Jahr 2020 – es gab ja eben doch eine Krise – "die Zielgruppe komplett geändert". Vor 2020 hatte er es hauptsächlich mit Ansiedlungen internationaler Firmen oder Spin-offs zu tun. Im Vorjahr wurden solche Einmietungen dann oft verschoben, "dafür klopften viele bereits hier ansässige Unternehmen bei uns an, die sich verkleinern wollten" – oder gerade vor einer Vertragsverlängerung an ihrem bisherigen Standort standen und in der Fläche flexibler werden wollten. Am häufigsten nachgefragt werden laut Graf Büros für ein bis vier Personen, von denen gibt es bei Your Office deshalb auch am meisten. Sie sind mitunter sehr kurzfristig kündbar. Coworking-Plätze im Großraum bietet man zwar auch an, "als Einstiegslösung", das seien aber maximal sieben Plätze pro Raum.

Das Jahr 2020 konnte man bei Your Office eigenen Angaben zufolge somit genau im Plan abschließen. Und auch der Verlauf des Jänners 2021 macht Graf zuversichtlich, "denn auch unsere frühere Zielgruppe kehrt langsam zurück".

Expansion gestoppt

Von so viel Optimismus ist man anderswo im Shared-Office-Bereich weit entfernt, etwa bei den inter national agierenden Coworking-Anbietern. Sie galten vor Corona als ultimativer Trend auf dem Bürosektor; Platzhirsch Regus breitete sich (auch mit der Marke Spaces) in Wien aus, und einige andere Anbieter waren auf dem Sprung in die Bundeshauptstadt.

Mittlerweile ist Ernüchterung eingekehrt. Regus hat kürzlich den Bezug des "Hauses am Schottentor" abgesagt, ein weiterer Standort in Döbling schlitterte in die Pleite. 2020 gab es in Wien keine größere Anmietung eines Shared-Office-Anbieters. Auch nicht vom US-Riesen We Work. Dieser hatte bis vor eineinhalb Jahren auch in Wien nach einem Standort gesucht. Doch noch vor Corona schlitterte We Work in die Krise, samt verschobenem Börsengang. Jetzt ist Gesundschrumpfen angesagt, keine Rede mehr von einem Wiener Standort.

Auch bei Design Offices heißt es: Österreich, bitte warten. Das Unternehmen mit Sitz in Nürnberg wollte 2020 einen ersten Standort in der Alpenrepublik eröffnen, dazu gibt es aber nichts Neues. Man konzentriert sich auf das Kerngeschäft in Deutschland, wo heuer gleich vier Standorte eröffnet werden, teilt man dem STANDARD mit. (mapu, 18.2.2021)