Desi verfolgt ein Ausbildungsprogramm "from think to act".

Foto: Manfred Rebhandl

Desi ist 33, es geht ihr gut. Ich treffe die Ex-Wahlberlinerin beim Würstelstand neben dem Volkstheater, wo die Neu-Wahlwienerin gerade vorschriftsmäßig eine "Eitrige" bestellt, was bei den Deutschen immer lustig klingt, bei ihr aber wurscht ist, weil sie sowieso lustig ist. Zuvor war sie, die sich eigentlich vegan ernährt, heute schon auf eine Crêpe und eine Portion Vanilleeis to go. Essen ist – jetzt kommt’s: Obwohl man es ihr nicht ansieht! – eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen. Nebenbei liest sie geschätzt ein Buch pro Tag, liebste Lektüre so far: Lolita von Nabokov.

"Ich war so die Gaga-Prinzessin", erzählt sie dann im Volksgarten. "Dieses wilde, weibliche Kind voll strotzender, weiblicher Energie. Prinzessinnenkleid mit Stiefeln. Jungs verprügeln, aber mit Zauberstab! Und immer hab ich mich singend angekündigt, in Bewegung! Und eigentlich bin ich das! Aber dann hieß es: Stopp! In der Schule wurde das Wilde bestraft, und ich bin verstummt."

Um ihre Wildheit und Stimme wiederzufinden, verfolgt die "unabhängige Beobachterin und Kommentatorin" nun ein Ausbildungsprogramm "from think to act" – agieren, ohne nachzudenken. Ihre Schauspiellehrerin pusht sie: "Mach ’ne männliche Bewegung! Mach ’ne kindliche Bewegung! Zack!" Sie will sich aus einer Wolke fallen lassen und sich ihrer größten gedanklichen Angst stellen können: nackt auf der Bühne zu singen. "Denn wie fragt Nietzsche?", fragt sie mich. "Was ist das Siegel der erreichten Freiheit? Die Scham vor sich selbst zu verlieren." (Manfred Rebhandl, 13.2.2021)