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Anfangs gab es Büroräumlichkeiten, doch schon nach wenigen Tagen kamen kaum mehr Mitarbeiter zum Arbeiten dorthin.

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Gegründet wurde Gitlab, eine Open-Source-End-to-End-Softwareentwicklungsplattform, von Dmitri Saparoschez und Sytse Sijbrandij 2014 in San Francisco. Anfangs gab es sehr wohl Büroräumlichkeiten, doch schon nach wenigen Tagen kamen kaum mehr Mitarbeiter zum Arbeiten dorthin, weshalb sich das Unternehmen entschied, den gesamten Betrieb auf "all remote" umzustellen. Mittlerweile sind 1300 Mitarbeiter in rund 66 Ländern bei Gitlab beschäftigt. Seit März 2020 gehört auch Michael Friedrich dazu. Der gebürtige Linzer arbeitet derzeit nahe Nürnberg für die Plattform. "Ich hab das immer ein bisschen als persönliches Abenteuer gesehen. Das Wichtigste war, dass mein Arbeitsplatz nicht im Wohnzimmer ist. Ich kenne mich, dann arbeite ich keine acht Stunden, sondern 24 Stunden."

Michael Friedrich (37) studierte an der FH Hagenberg Hardware/Software Engineering. Seit 2019 ist er einer von 1300 Mitarbeitern im All-Remote-Unternehmen Gitlab.
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Schon während seines Studiums des Hardware/Software Systems Engineering an der Fachhochschule Hagenberg wechselte er fürs Berufspraktikum und später für seine Diplomarbeit nach Wien. Über seine Aufgaben als Systemadministrator im Studentenheim ging es beruflich für ihn weiter zur Uni Wien und dann zu A1. "Meine Lebensstationen haben mich immer wieder in neue Technologie-Ecken hineingeführt."

2009 dockte er bei Icinga an, die Open-Source-System- und -Netzwerküberwachungstools entwickeln. Er war begeistert. "Schon damals war der Ansatz da: Es ist egal, wo ich arbeite, ich möchte etwas vorwärtsbringen, ich möchte Leuten helfen." 2012 wechselte Friedrich dann zur Firma Netways nach Nürnberg, die das Icinga-Projekt unterstützt. "Über die Jahre fängt man dann in Abenteuerlust wieder neue Sachen zu entdecken an. Und ich hab meine Liebe für Schulungen, Trainings und Workshops entdeckt und begonnen, kleine Übungen und Trainings zu basteln, um anderen Programmieren näherzubringen oder auch, wie man Open-Source-Projekte verwaltet." Dabei spielt das Versionskontrollsystem Git eine wichtige Rolle.

Freie Zeiteinteilung

Seit März 2020 ist er Developer-Evangelist bei Gitlab. "Meine Aufgabe ist es, allen Leuten in unserer Community zu helfen, Gitlab zu verwenden und zu zeigen, wie es in andere Technologien integriert werden kann. Daraus entstehen Blogposts, Workshops und Vorträge auf internationalen Events." Es ist sein erster All-Remote-Job.

Seine Arbeitswoche kann er frei planen. "Wir haben für unser Team – ich hab mittlerweile vier Kollegen in Maryland, Holland, Atlanta und New York – einmal in der Woche ein virtuelles Teammeeting, dort diskutieren wir, was in der Woche wichtig ist. Alle anderen Meetings sind optional, wenn eines außerhalb meiner Arbeitszeit liegt – ich versuche von zehn bis 19 Uhr zu arbeiten –, dann kann ich mir die Aufzeichnung nachher asynchron anschauen. Ich bin mein eigener Manager."

Remote-Kaffeeklatsch

Arbeitsrechtlich gelten für ihn die deutschen Regelungen. Das Onboarding erfolgt in Form eines sogenannten Onboarding-Issue, für das jeder neue Mitarbeiter eine Checkliste bekommt, die dementsprechend jeden Tag abgearbeitet werden muss – vom Computer-Aufsetzen über Security bis zu Log-ins. Aber auch die soziale Komponente spielt dabei eine Rolle. Auch die Kollegen können nur remote kennengelernt werden. Dafür gibt es bei Gitlab regelmäßige Coffee-Chats während der Arbeitszeit. Als eher introvertierter Typ hat Friedrich, um das Eis beim Kennenlernen zu brechen, in seinem Arbeitszimmer, das man auch bei seinen Zoom-Gesprächen sieht, einen Star Wars Millennium Falcon aus Lego stehen. "Da hat man dann gleich ein Gesprächsthema, das sich nicht um die Arbeit dreht."

Mittlerweile sei auch die Distanz bei Zoom-Meetings verschwunden. "Man muss sich aber darauf einlassen." Sein persönliches Ritual am morgen ist ein Spaziergang vor Arbeitsbeginn. "Aktuell ist leider nichts anderes möglich. Wenn wir hoffentlich gut aus diesen schwierigen Zeiten herauskommen, ist mein Plan, nicht nur zu Hause remote zu arbeiten, sondern auch von woanders, etwa einem Meet-up in Linz." Ein realer Besuch bei seinen Arbeitskollegen steht auch auf dem Programm. Dieser werde auch vom Unternehmen unterstützt. "Ich hätte mir vieles nicht so erwartet. Aber das Remote-Zusammenarbeiten fasziniert mich, ich bin sehr froh, dass ich diesem Reiz nachgegeben habe." (Gudrun Ostermann, 17.2.2021)